Mit steigenden Treibhausgasemissionen in der Atmosphäre erwärmt sich unser Klima – das ist bekannt und wird zu einer immer größeren Bedrohung für unsere Erde, wie zuletzt der jüngste Bericht des Weltklimarats gezeigt hat. Doch neben vielfältigen Effekten auf die Umwelt werden sich die Auswirkungen des Klimawandels auf die menschliche Gesundheit in Zukunft verstärken. Es sind nicht nur direkte Auswirkungen wie Hitzewellen oder Hochwasserkatastrophen, die die Gesundheit der Menschen bedrohen. Prognosen sagen auch hohe gesundheitliche Risiken voraus, die indirekt mit dem Klimawandel zusammenhängen: Infektionskrankheiten, Allergien, Herz-Kreislauf- und Atemwegserkrankungen, Hautkrebs, Depressionen – diese Krankheiten werden in Zukunft auch in Deutschland zunehmen.
Fakt ist: Eine gesunde Umwelt und die Gesundheit der Menschen sind eng miteinander verbunden. Das öffentliche Gesundheitswesen darf sich deshalb nicht nur auf die Gesundheit des Menschen fokussieren, sondern muss die ihn umgebenden Ökosysteme ebenfalls beachten. Der Gesundheitssektor hat einen großen ökologischen Fußabdruck (5,2 Prozent an CO2-Emissionen, den Exportanteil nicht eingerechnet). Dieses Bewusstsein muss politische Entscheidungen auf jeder Ebene prägen. Auf internationaler und nationaler Ebene und auch im kleineren Rahmen muss sich jeder einzelne Player – von der Kommune, zum Krankenhaus, über den niedergelassenen Arzt, zum Pharmahersteller und selbstverständlich auch bis zur Krankenkasse – mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinandersetzen.
Was bedeutet das für eine Krankenkasse? Sie sollte sich für die zu erwartenden Klimaänderungen und die Auswirkungen auf die Gesundheit rüsten. Gleichzeitig kann sie zum Beispiel die Verknüpfung von persönlicher und planetarer Gesundheit mit Blick auf das Thema Lebensstil mitdenken. Ihre Entscheidungen müssen der Gesundheit des Versichertenkollektivs dienen und gleichzeitig Umweltschäden verringern. So kann eine Änderung des Lebensstils, wie etwa die Umstellung auf fleischarme, überwiegend regionale Ernährung oder mehr (nicht-motorisierte) Bewegung einen großen Beitrag zum Klimaschutz leisten und gleichzeitig das Risiko für Herz-Kreislauf-Krankheiten, Übergewicht, Diabetes, Rheuma und Krebs verringern.
Die Gesetzliche Krankenversicherung muss aber auch selbst dazu beitragen, das Risiko für eine schädliche Entwicklung zu mildern. Auch auf dieser Ebene muss sie sich ihrer Verantwortung stellen. Der Gesundheitssektor hat nämlich selbst einen großen ökologischen Fußabdruck.
Die Bundesregierung hat im vergangenen Sommer beschlossen, das „Maßnahmenprogramm Nachhaltigkeit“ weiterzuentwickeln und Nachhaltigkeit „konkret im Verwaltungshandeln“ umzusetzen. Ziel ist es, die Bundesverwaltung bis 2030 klimaneutral zu organisieren. Die gesetzlichen Krankenkassen sind als bundesunmittelbare Sozialversicherungsträger mit Selbstverwaltung zwar derzeit noch nicht direkter Adressat dieses Beschlusses. Sie sollen sich aber an dem Maßnahmenprogramm orientieren.
Das BKK System arbeitet bereits seit einigen Jahren gemeinsam am Thema Nachhaltigkeit. Im Juni 2021 wurde von Betriebskrankenkassen, BKK Landesverbänden und BKK Dachverband die Initiative „BKK Green Health“ gegründet. Deren Ziel ist es, eine gemeinsame Haltung zum Thema ökologische und soziale Nachhaltigkeit zu entwickeln.
Gesetzliche Krankenkassen sind Körperschaften des öffentlichen Rechts und Teil der mittelbaren Staatsverwaltung. Auf Grund der hervorgehobenen Stellung des Gebots der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit ist es gesetzlichen Krankenkassen nahezu nicht möglich, neben dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit auch die Kriterien der Nachhaltigkeit sowie der Gemeinwohlorientierung zum Maßstab ihres Verwaltungshandelns zu machen. Oberstes Ziel muss daher die Verankerung von „Nachhaltigkeit“ und „Gemeinwohl“ im Sozialgesetzbuch als Richtgröße bei der Verwirklichung sozialer Rechte und für das zugrundeliegende Verwaltungshandeln der Krankenkassen sein.
Die Initiative sieht sich als Wegbereiterin in einem Prozess. Sie hat sich vorgenommen, bis 2030 fünf Ziele zu erreichen:
Im ersten Handlungsfeld geht es darum, die Maßnahmen der Bundesregierung in den Betriebskrankenkassen zu implementieren. Gleichzeitig soll im Sinne eines lernenden Systems ein kontinuierlicher Austausch der BKK in Form von Trainings und einem Wissenstransfer geschaffen werden. Eine CSR-Community liefert die Impulse für konkrete gemeinschaftliche Vorgehensweisen, Projekte und Initiativen.
Im zweiten Handlungsfeld starten bereits konkrete Projekte und Initiativen, die das Gesundheitswesen nachhaltiger gestalten. Dazu zählen insbesondere die ambulante und stationäre Versorgung sowie die Pflege. Dafür arbeiten die BKK eng mit den Akteuren des Gesundheitssystems, der Politik und Wissenschaft zusammen und beziehen kontinuierlich ihre Versicherten mit ein. Als unternehmensnahe Kassenart haben die BKK ein besonderes Augenmerk auf die Frage, wie sie einen Beitrag leisten können, die Arbeitswelt ihrer Versicherten sowie ihrer Träger- und Kundenunternehmen nachhaltiger zu gestalten. Dafür arbeiten sie mit den Trägerunternehmen, Akteuren der Arbeitswelt und Wissenschaft zusammen.
Mit der „Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit e.V.“ hat sich die Initiative die planetare Gesundheit im Setting Betrieb vorgenommen. In einer Studie wird zunächst erforscht, welche Auswirkungen der Klimawandel auf die betriebliche Gesundheit und die psychische und körperliche Gesundheit von Beschäftigten hat. Gemeinsam werden dann Empfehlungen für ein nachhaltiges, klimasensibles betriebliches Gesundheitsmanagement erarbeitet.
Zusammen mit dem Institut für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitsökonomie der Berliner Charité will die Initiative ein Konzept für bewusste und achtsame Ernährung im betrieblichen Setting entwickeln. Dieses „Mindful Eating“ hat nicht nur prioritär positive Auswirkungen auf die eigene Gesundheit, sondern auch auf die Gesundheit des Planeten im Hinblick auf Ökologie, Klimawandel und den Erhalt der Biodiversität (Stichwort „Planetary Health Diet“). Ziel ist es, ein Programm zu entwickeln, dass die persönliche Gesundheit mit der planetaren Gesundheit verknüpft. So können Betriebskrankenkassen ihren Trägerunternehmen ein Programm anbieten, das in mehrfacher Hinsicht nachhaltig ist.
Was gut fürs Klima ist, ist häufig auch gut für die Gesundheit des Einzelnen. Dieses Bewusstsein haben die Betriebskrankenkassen verinnerlicht. Sie möchten mit ihrer Initiative eine Vorreiterrolle übernehmen und auch ihre Versicherten bestärken, Teil einer Bewegung für mehr planetare Gesundheit zu werden.
Kontakt
Martin König
Leitung Stabsstelle Nachhaltigkeit
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Martin König verantwortet seit dem 1. Januar 2024 die Stabsstelle Nachhaltigkeit. Der Diplom-Gesundheitswirt und Sozialversicherungsfachangestellte verfügt über umfangreiche und langjährige Expertise im Programm- und Projektmanagement sowie in den Themenfeldern digitale Transformation. Zuvor hat er in der Abteilung Gesundheitsförderung, Pflege und Rehabilitation des BKK Dachverbandes das digitale Präventionsprodukt Mein Phileo vorangetrieben. Vor seiner Tätigkeit beim BKK DV verantwortete er Bereiche des Betrieblichen Gesundheitsmanagements in einem international tätigen Konzern und das Geschäftsstellenmarketing einer Betriebskrankenkasse.