Ohne Orga läuft nichts – das gilt für den Sportverein um die Ecke ebenso wie für große Wirtschaftsunternehmen oder die gesetzliche Krankenversicherung (GKV), die rund 74 Millionen Menschen in Deutschland versichert und betreut.

Damit unser Gesundheitswesen reibungslos funktioniert und eine bestmögliche Versorgung gewährleistet werden kann, müssen die Krankenkassen vielfältige organisatorische Aufgaben erledigen. Dabei entstehen sogenannte „Verwaltungskosten“. Im Jahr 2024 beliefen sich die Verwaltungskosten aller 94 gesetzlichen Krankenkassen auf insgesamt knapp 13 Milliarden Euro, bei Gesamtausgaben der GKV von 313 Milliarden Euro. Mit anderen Worten: Mehr als 95 Prozent der Ausgaben kommen der Versorgung der Versicherten direkt zugute, während die Verwaltung nur ein ganz kleines Stück vom großen Kuchen ausmacht.
Welche Verwaltungsaufgaben verstecken sich hinter den Verwaltungskosten?
Sobald Versicherte ihre Krankenkasse kontaktieren, um beispielsweise einen Arztterminservice in Anspruch zu nehmen, Fragen zur elektronischen Patientenakte zu klären oder einfach nur einen Ratschlag rund um die eigene Gesundheit einzuholen, entsteht bei den Krankenkassen ein Verwaltungsaufwand. Oder ganz konkret: Mitarbeitende der Krankenkassen beraten und betreuen ihre Versicherten. Das schlägt sich unmittelbar in Verwaltungskosten nieder. Krankenkassen müssen zudem dafür Sorge tragen, dass die Leistungsabrechnungen von Ärztinnen und Ärzten, Krankenhäusern oder Apotheken korrekt sind. Sie prüfen und bezahlen also die Rechnungen für Behandlungen, Medikamente und vieles andere mehr. Außerdem haben Krankenkassen sicherzustellen, dass bei abgerechneten medizinischen Leistungen – egal, ob ambulant oder stationär erbracht – die Qualität stimmt und sie den gesetzlichen Vorgaben entsprechen. On top kommen Aufgaben wie die Mitgliederverwaltung, das Finanzmanagement oder die Organisation von Gesundheitskursen, Vorsorge- oder Bonusprogrammen, die die Gesundheit der Versicherten fördern.
Rund 70 Prozent der Verwaltungsausgaben der Krankenkassen – die, wie oben bereits erwähnt, weniger als fünf Prozent der Gesamtausgaben ausmachen – fließen direkt in die Beratung und Betreuung der Versicherten und kommen diesen somit unmittelbar zugute. Verwaltungsaufgaben sind also keineswegs überflüssiger Papierkram, sondern halten den notwendigen Service für die Versicherten am Laufen. Eine Leistung, die übrigens gerne auch Ärzte, Kliniken, Physiotherapeuten, Apotheker und viele andere Fachleute im Gesundheitswesen in Anspruch nehmen.
Warum kann man bei den Verwaltungskosten kaum sparen?
Obwohl die Verwaltungskosten der gesetzlichen Krankenversicherung nur einen sehr geringen Teil der gesamten Gesundheitsausgaben in Deutschland ausmachen, heizen Verfechter von Kassenreduzierungen die Debatte um vermeintliche Einsparpotenziale immer wieder neu an. Dann heißt es: „Wir haben zu viele Krankenkassen! Die ganze Verwaltung ist viel zu teuer! Und die ganzen Vorstände kosten auch so viel! Da geht noch was bei den Kosten, wenn wir einfach so viele Krankenkassen fusionieren, dass nur die Hälfte übrigbleibt!“
Was dabei jedoch konsequent ignoriert wird oder Vielen schlichtweg nicht bekannt ist: In der Realität gibt es kaum Spielraum, um bei den Verwaltungskosten größere Summen einzusparen. Das sind die Gründe:
Unser Gesundheitswesen braucht eine funktionierende, effiziente Verwaltung der Krankenkassen. Der Löwenanteil der Verwaltungsaufgaben ist schlichtweg nicht zu kürzen, da er direkt der Beratung und dem Service für Versicherte dient. Würde hier gespart, hätte dies unmittelbare Auswirkungen auf die Versorgungsqualität der Versicherten. Außerdem sind viele Aufgaben gesetzlich vorgeschrieben, beispielsweise Beratungspflichten oder die Pflege von Versichertendaten. Einfach zu sparen, ist also nicht möglich, ohne gegen Gesetze oder Qualitätsstandards zu verstoßen. Tatsächlich nehmen die Verwaltungsaufgaben sogar weiter zu, da der Gesetzgeber und die Leistungserbringenden immer mehr Aufgaben in den Verantwortungsbereich der Krankenkassen verlagern.
Ein oft zitiertes Argument von Kritikern sind die angeblich so üppigen Vorstandsgehälter: Die aufaddierten Gehälter aller Kassenvorstände der 94 Krankenkassen belaufen sich auf etwa 30 Millionen Euro. Das sind weniger als 0,1 Promille der Gesamtausgaben der GKV. Mit anderen Worten: Es gibt hier kein „fettes Polster“, das man einfach wegschneiden könnte.
Die Effizienz der Krankenkassen hat in den letzten Jahren stetig zugenommen, sodass sich die vermeintlichen Einsparpotenziale nur noch weiter verringert haben. Durch Digitalisierung und gestraffte Verwaltungsabläufe kann heute eine größere Anzahl von Versicherten pro Mitarbeitenden einer Krankenkasse betreut werden als früher. Zum Vergleich: Im Jahr 2005 kamen auf einen Krankenkassenmitarbeitenden etwa 519 Versicherte, 2023 waren es bereits rund 563. Kurzum: Die Krankenkassen versorgen heute mit weniger Personal mehr Versicherte. Außerdem begrenzt der Gesetzgeber über das Sozialgesetzbuch, wie stark die Verwaltungskosten wachsen dürfen. Auswüchse sind somit gar nicht möglich.
Nichts als eine Illusion: Kostensenkung durch Kassenfusion
Es ist eine Illusion, dass durch Kassenfusionen Kostensenkungen zu erzielen wären. Denn: Weniger Krankenkassen bedeuten nicht automatisch weniger Arbeit. Es gibt rund 74 Millionen gesetzlich Versicherte in Deutschland. Diese Zahl wird sich durch eine Fusion natürlich nicht verringern. Ganz im Gegenteil: In den letzten Jahren hat die GKV sogar an Versicherten zugelegt. Auch die vielfältigen und häufig vom Gesetzgeber auferlegten Verwaltungsaufgaben verschwinden nicht, nur weil man mal ein paar Kassen zusammenlegt. Die Verwaltungsarbeit muss erledigt werden – egal, ob von 94 Krankenkassen oder von 40 Krankenkassen oder gar einer großen Einheitskasse. Und das gilt umso mehr, da die Verwaltung der Versicherten in erster Linie aus Dienstleistungen besteht, die individuell für jeden Versicherten erbracht werden müssen und sich nicht einfach zusammenlegen lassen. Es braucht also Menschen, die diese Verwaltungsarbeit erledigen. Hier können sie also nicht einfach wegrationieren, auch weil die Arbeitsverhältnisse der Mitarbeitenden laut Gesetz auf die neue Krankenkasse übergehen würden. Vorstandsgehälter, die eventuell bei Fusionen eingespart werden könnten, würden zwangsläufig dazu führen, dass bei den fusionierten Krankenkassen neues Führungspersonal eingestellt werden müsste – und die Kosten würden wieder stiegen.
Davon abgesehen kosten Fusionen im ersten Schritt natürlich Geld, um Systeme zusammenzuführen, zu migrieren oder Umstrukturierungen vorzunehmen. In einem Prüfbericht hat der Bundesrechnungshof festgestellt, dass mit Fusionen „erhebliche, zum Teil dauerhafte, zusätzliche Aufwendungen“ verbunden sind.
Fazit: Die Verwaltungskosten der Krankenkassen sind also kein Kostentreiber, sondern ein notwendiger Bestandteil des Systems. Größere Einschnitte hätten schnell negative Folgen für Service und Beratung, während die finanziellen Einsparungen vergleichsweise gering ausfielen – das Einsparpotenzial ist einfach sehr begrenzt.