Stellungnahme

Stellungnahme des BKK Dachverband e.V. zu Formulierungshilfen für Änderungsanträge zum Entwurf eines Gesetzes zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung (Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz – GVWG)

Themen, die ursprünglich mit einer grundlegenden Reform der sozialen Pflegeversicherung (SPV) aufgegriffen werden sollten, werden nun als Änderungsanträge zum Entwurf eines Gesetzes zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung (Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz – GVWG) eingebracht. Die Betriebskrankenkassen begrüßen, dass so wesentliche, von den Betriebskrankenkassen geforderte Änderungen, wie die Reduzierung der Eigenanteile von Pflegebedürftigen und Kompetenzsteigerung bei Pflegefachkräften, noch in dieser Wahlperiode umgesetzt werden. Darüber hinaus sehen die Betriebskrankenkassen in Bezug auf die soziale Pflegeversicherung jedoch zeitnah umfassenderen Reformbedarf, um das wesentliche Ziel der Pflegeversicherung – bedarfsgerechte Pflegeversorgung mit ausreichend qualifiziertem Personal zu gewährleisten und insbesondere die häusliche Pflege zu unterstützen und zu fördern – zu berücksichtigen.  Im Hinblick auf die vorliegenden Formulierungshilfen für Änderungsanträge sehen die Betriebskrankenkassen noch Änderungs- bzw. Anpassungsbedarf. 

  • Die Betriebskrankenkassen begrüßen grundsätzlich die Zielsetzung, Brüche in der Versorgung zu schließen. Dies gilt auch für Lücken zwischen der stationären Versorgung im Krankenhaus und einer ggf. erforderlichen pflegerischen Anschlussversorgung. Die mit den Formulierungshilfen vorgesehene Einführung einer Übergangspflege im Krankenhaus halten die Betriebskrankenkassen jedoch nicht für den richtigen Weg. Hier bestehen Unklarheiten etwa in Bezug auf die genaue Zielgruppe der Neuregelung, die Abgrenzung zum Entlassmanagement und die Vergütung. Zudem stellt sich die Frage, ob die neue Leistung angesichts knapper Personalressourcen und der bereits hohen Arbeitsbelastung auf den Stationen überhaupt noch in der gebotenen Qualität durch die Krankenhäuser erbracht werden kann. Sollte die Übergangspflege im Krankenhaus dennoch eingeführt werden, müssten somit zumindest noch Anpassungen vorgenommen werden.
  • Die Betriebskrankenkassen regen zudem an, dass nicht nur die Beiträge zur Rentenversicherung für Pflegepersonen nicht mehr durch die Pflegekassen, sondern durch den Bund finanziert werden sollen, sondern ebenfalls die Beiträge der Pflegekassen für die Arbeitslosenversicherung der Pflegepersonen.
  • Aus Sicht der Betriebskrankenkassen wäre die vollständige Finanzierung der medizinischen Behandlungspflege über die soziale Pflegeversicherung auch vor dem Hintergrund des “neuen” Pflegebedürftigkeitsbegriffes, der die “Behandlungspflege” explizit umfasst, sachgerecht. Der Umstand der Umgliederung bestimmter Leistungen von der GKV in die SPV ist hier nicht von Relevanz, da es sich bei dem Transfer gemäß § 37 SGB V (neu) um eine pauschale Unterstützung ohne konkrete Zweckbestimmung handelt.
  • Die Betriebskrankenkassen begrüßen grundsätzlich die angedachte angemessene Bezahlung und damit u. a. verbesserte Arbeitsbedingungen für die Beschäftigte in der Pflege. Die Betriebskrankenkassen lehnen aber die dabei vorgesehenen Regelungen zu den tariflichen Entlohnungen ab. 

Schließlich soll durch die Landesverbände der Pflegekassen bestimmt werden, welche Tarifverträge als wirtschaftlich gelten. Sie sollen damit feststellen, ob das enthalten Lohnniveau über die Pflegesätze refinanzierbar ist. Hierbei wird zum einen in die Tarifautonomie der jeweiligen Institutionen eingegriffen. Zum anderen werden die Landesverbände der Pflegekassen verpflichtet, die Tarife der einzelnen Institutionen zu überwachen und entsprechende Konsequenzen zu verhängen. Eine bedarfsgerechte pflegerische Versorgungsplanung ist mit der beabsichtigten Regelung gefährdet. 

  • Alle Regelungen mit der Zielsetzung, Pflegefachpersonen Verordnungskompetenzen zu übertragen, begrüßen die Betriebskrankenkassen ausdrücklich. Schließlich sind mehr Kompetenzen für entsprechend qualifizierter Fachkräfte notwendig, um eine vereinfachte bedarfsgerechte pflegerische Versorgung, insbesondere in ländlichen Regionen, zu gewährleisten. Zudem führt eine Kompetenzsteigerung zu einer gesteigerten Berufsattraktivität, was angesichts des mangelnden pflegerischen Nachwuchses und eines ansteigenden Berufsausstiegs dringend notwendig ist. Der Entwurf kommt jedoch bezüglich des angestrebten Kompetenzniveaus der betreffenden Pflegefachkräfte nicht über den bestehenden Modellparagrafen des § 63 Abs. 3c SGB V hinaus. Mithin könnte die angestrebte verbindliche Umsetzung demnach auch pragmatisch über eine Ergänzung des § 63 Abs. 3c SGB V geregelt werden. Stattdessen ist eine Anpassung des § 64d SGB V zu empfehlen, um die avisierte und modifizierte Regelung in Richtung (neuer) pflegerischer Leistungserbringer mit erweiterten Kompetenzen auf dem Niveau einer Advanced Practice Nurse (APN) in die Versorgung zu integrieren.
  • Eine Begrenzung des pflegebedingten Eigenanteils in der Pflege, um betroffene Pflegebedürftige finanziell zu entlasten, wird von den Betriebskrankenkassen ausdrücklich begrüßt. Allerdings werden die beabsichtigten gesetzgeberischen Maßnahmen für zusätzliche Belastung dieses Personenkreises führen: Die staffelweise Beteiligung der SPV an den Eigenanteilen greift erst ab dem 2. Jahr nach Inkrafttreten. Damit wird nicht– wie politisch intendiert – zeitnah entlastet. Darüber hinaus ist mit einer weiteren Erhöhung der Pflegesätze durch die vorgesehene Tarifbindung und die Umsetzung des Personalbemessungsverfahrens zu rechnen, die über der Steigerungsrate der zurückliegenden Jahre liegt. Eine Dynamisierung auch der ambulanten Leistungsbeträge der SPV ist zielführender, um das wesentliche Ziel der Pflegeversicherung – nämlich in besonderem Maße die häusliche Pflege zu unterstützen – zu erreichen.

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