BKK Dachverband fürs Ohr

Interview mit Dr. Matthias Richter zum BKK Gesundheitsreport 2020

Herr Dr. Richter, wie gestaltet sich Mobilität heute? Sie haben dazu mehrere Tausend Beschäftige befragt ...

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FRAGE 1: Herr Dr. Richter, wie gestaltet sich Mobilität heute? Sie haben dazu mehrere Tausend Beschäftige befragt …

OT1 Dr. Matthias Richter: … durchschnittlich benötigen die Berufstätigen 17 Kilometer beziehungsweise 25 Minuten zur Arbeit. Meistens pendeln dabei die Beschäftigten täglich. Am häufigsten pendeln beispielsweise Männer, junge Beschäftigte, Hochqualifizierte und Beschäftigte in Dienstleistungsberufen. Auch Homeoffice kann unter mobiles Arbeiten gezählt werden. Und dies ist für mehr als die Hälfte der Befragten schon heute Normalität.

FRAGE 2: Bleiben wir mal beim Pendeln. In welcher Weise wirkt sich dies auf die Gesundheit der Menschen aus?
OT2 Dr. Matthias Richter: Vergleicht man Pendler und Nichtpendler hinsichtlich ihrer Gesundheit, so unterscheiden die sich auf den ersten Blick gar nicht so stark. Schaut man genauer hin und differenziert nach Weg zur Arbeit und nach der Zeit, die sie für dieses Pendeln brauchen, dann gibt es schon deutliche Unterschiede. Je länger jemand pendeln muss, desto mehr wirkt sich das negativ auf psychische und physische Gesundheit, aber auch vor allen Dingen auf das Sozialleben aus.

FRAGE 3: Kommen wir zum Homeoffice, die andere Form mobiler Arbeit. Dies dürfte gerade in Zeiten der Covid-19-Pandemie gelten, oder?

OT3 Dr. Matthias Richter: In unserer Beschäftigtenumfrage gab etwa die Hälfte der Befragten an, dass für sie das Arbeiten im Homeoffice deutlich zugenommen hat. Auf der anderen Seite hat gleichzeitig das Pendeln zur Arbeit für etwa ein Drittel abgenommen. Eine Auswirkung auf ihre Gesundheit sehen die meisten nicht, genauso wie sie keine Auswirkungen auf das Arbeitsleben sehen. Etwa jeder Zehnte sieht sogar positive Auswirkungen. Dagegen gibt mehr als ein Viertel der Befragten an, dass die Umstände der Coronavirus-Pandemie sich negativ sowohl auf ihr gesamtes Arbeitsleben als auch insbesondere auf ihre psychische Gesundheit ausgewirkt hat.

FRAGE 4: Welchen Anteil hat eigentlich Covid-19 gemessen an den bisherigen Fehltagen in den Betrieben?

OT4 Dr. Matthias Richter: Wir hatten im April eine erste Spitze von mehr als 100 Fehltagen je 10 Tausend Beschäftigte. Danach nahmen diese Kennzahlen deutlich ab über den Sommer. Seit September ziehen sie aber wieder an. Der Anteil der Arbeitsunfähigkeitsfälle und –tage aufgrund von Covid-19 ist aber am Gesamtgeschehen sehr gering. Das schwankt als Anteil so zwischen 0,3 und einem Prozent.

FRAGE 5: Vor welche Herausforderungen sehen Sie die Unternehmen durch mobiles Arbeiten künftig gestellt?

OT5 Dr. Matthias Richter: Beschäftigte wünschen sich am häufigsten als Unterstützung von ihrem Arbeitgeber, dass sie flexible Arbeitszeiten bekommen und die Möglichkeit haben im Homeoffice zu arbeiten. Das birgt viele Risiken, aber auch viele Chancen. Mitarbeitende können nun flexibel arbeiten, müssen aber mehr als zuvor sich selbständig organisieren. Gesunde Arbeitsbedingungen für Mitarbeitende sind aber auch Führungsaufgabe. Dies im Auge zu behalten wird für Führungskräfte dadurch schwieriger, dass man selten oder nie zur gleichen Zeit, am gleichen Ort arbeitet. Auch wird die Kommunikation auf Distanz oft förmlicher. Befinden und Emotion, Gruppengefühl im Team im Auge zu behalten wird sicher für Führungskräfte eine neue Herausforderung sein.