BKK Dachverband fürs Ohr

O-Ton-Paket von Dr. Gertrud Demmler zum BKK Kundenreport 2021

Interview zum BKK Kundenreport 2021 mit Frau Dr. Gertrud Demmler (Vorständin der Siemens-Betriebskrankenkasse, SBK, in München)

Hand hält einen Kompass auf einem Waldweg

FRAGE 1: Frau Dr. Demmler, gleich zu Beginn die Kernfrage. Was erwarten die Versicherten heute grundsätzlich von ihrer Krankenkasse?

OT1: Für Versicherte zählen bis heute die Sicherheit und das Vertrauen im Krankheitsfall von einer starken Gemeinschaft aufgefangen zu werden. Das bestätigen viele GKV weite Marktforschungen, aber auch Untersuchungen, die wir als SBK regelmäßig durchführen und jetzt auch die aktuelle BKK Kundenbefragung. Konkret erwarten die Versicherten heute Orientierung und Beratung, Sicherheit und Geborgenheit. Sie möchten einfach darauf vertrauen, dass ihre Krankenversicherung dann zur Stelle ist, wenn es ernst wird. Aktuell erleben wir unter anderem durch die digitale Transformation eine fundamentale Veränderung in den Erwartungen. Die Versicherten erwarten, dass die GKV mit der Zeit geht, genauso wie sie zurecht erwarten, in schwierigen Situationen persönlich von echten Menschen betreut zu werden.

FRAGE 2: Um Menschen von sich zu überzeugen, setzen etliche Kassen auf das Preisargument, sprich, den Beitragssatz. Eignet sich dieser als Vergleichsvariable oder wo liegt Ihrer Meinung nach der „echte“ Unterschied zwischen den Kassen?

OT2: Das ist eine sehr wichtige Frage! Der Preiswettbewerb ist für die Einzelkasse sehr begrenzt. Mit Einführung des Gesundheitsfonds und dem Morbi RSA ist der Zusatzbeitrag weitgehend durch Einzelkassen nicht mehr beeinflussbar. Viel wichtiger ist deshalb die Frage, welches Ziel der Wettbewerb in der GKV hat. Und darauf gibt’s aus meiner Sicht eine sehr einfache Antwort. Die Verbesserung der Qualität aus Sicht des Versicherten. Der echte Unterschied liegt gerade für den Versicherten im tatsächlichen Agieren der Krankenkasse im Alltag, also Servicequalität, verständliche Kommunikation und Augenhöhe in der Beratung. Ein Wettbewerb, der sich um den besten Service und die beste Beratung dreht, kann nur gelingen, wenn die Versicherten in das Blickfeld rücken und Transparenz über die Qualität von Krankenkassen hergestellt wird.

FRAGE 3: Qualität zu behaupten, ist die eine Seite. Die andere ist, wird diese Qualität auch seitens der Versicherten wahrgenommen – wie stellen Sie das sicher?

OT3: Treiber für die Zufriedenheit mit Kassen sind jenseits des Preis-Leistungs-Verhältnisses oder des Images besondere Faktoren. Also: Ist die Kasse persönlich gut ansprechbar? Wie ist die Serviceorientierung der Kasse, bezogen auf die gefühlte Erreichbarkeit und die relevante Schnelligkeit? Wird ein Versicherter proaktiv angesprochen und individuell beraten? Werden sämtliche Kommunikationswege angeboten und intelligent verknüpft? Und schließlich wie kundenzentriert ist die Organisation einer Kasse angelegt? Um es zusammenzufassen: Es geht um das tatsächliche Erleben und nicht um Veröffentlichungen von Imagebroschüren oder Website-Versprechen, es geht um das konkrete Leistungsgeschehen im Alltag.

FRAGE 4: Corona bestimmt unseren Alltag. Viele Geschäftsstellen der Kassen blieben geschlossen. Digitale Kanäle fallen zunehmend ins Gewicht. Bedeutet das künftig eine stärkere Verlagerung der Kommunikation ins Digitale?

OT4: Die digitalen Kanäle sind sehr wichtig, aber die digitalen Kanäle nicht allein. Die Versicherten haben hierzu durchaus differenzierte Erwartungen und auch ein differenziertes Verhalten. Für standardisierte, einfache Vorgänge und Antragsprozesse ist die Erwartung der Versicherten, dass wir ihnen wo immer möglich und sinnvoll einen bequemen und digitalen Kanal anbieten, das ist schon heute Realität. Insbesondere für die jüngere Generation und für diejenigen, die sich in der sogenannten „Rushhour“ des Lebens befinden, die schwören auf solche Angebote. Gleichzeitig merken wir aber auch den Wunsch nach aktiver, individueller und personalisierter Beratung von Mensch zu Mensch. Die erweiterten Möglichkeiten der Kommunikation durch die Digitalisierung ersetzen nach unseren Erfahrungen den persönlichen Kontakt keineswegs. Die Schwerpunkte verlagern sich nur und die Kanäle werden sehr unterschiedlich genutzt, was auch nachvollziehbar ist – es wird heute viel mehr kommuniziert als früher.

Ich danke Ihnen für das Gespräch, Frau Demmler!