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BKK Magazin 5/2024

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Franz Knieps
FRanz Knieps- Vorstandsvorsitzender des BKK Dachverband e.V.

Editorial

Das ging schnell. Das geopolitische Beben an unserer Gegenküste des Atlantiks hat noch am Abend des Trump-Wahlsiegs das politische Berlin erreicht. Die Ampel-Koalition ist vor unseren Augen krachend kollabiert. Während der Kanzler seine Minderheitsregierung neu sortiert und der Weg zu Neuwahlen gesucht wird, ergeben sich nach dem wochenlangen Dauerfeuer des Fake-Wahlkampfes auf der einen und der Ampel-Agonie auf der anderen Atlantik-Seite genau drei Lehren für das Gesundheitssystem und die Gesetzliche Krankenversicherung.

Erstens: Keine Fake News mehr! Keine Märchen mehr von Kostenreduzierung und Beitragssatzsenkungen: Vom verlogenen Gutes-Herz-Gesetz, das Statine für Kleinkinder fördert und die Prävention wegkegelt, über die blühenden Krankenhauslandschaften bis zum Wortbruch, die Bürgergeld-Lücke von 10 Mrd Euro zu schließen. Die Menschen im deutschen Gesundheitswesen – seien sie Versicherte und ihre Arbeitgeber als Beitragszahler oder Patienten, die auf das Sicherungsversprechen einer guten medizinischen Versorgung vertrauen, gut ausgebildete und motivierte Ärztinnen und Ärzte, Pflegefachkräfte mit hervorragender Expertise und andere Therapeuten – haben einen Anspruch darauf, dass Politik sich endlich ehrlich macht. Das Gesundheitssystem in Deutschland muss optimiert, nicht systematisch entkernt werden. Wir brauchen rasch Strukturreformen, die Vorschläge liegen längst auf dem Tisch. Um Gottes Willen keine angekündigten Revolutionen mehr, aus denen dann hektisch zusammengezimmerte Gesetzentwürfe werden, die jetzt als Wracks am parlamentarischen Wegrand liegenbleiben!

Zweitens: Den Verantwortlichen im deutschen Gesundheitswesen ist klar, dass die weltpolitische Lage keinen Geldsegen mehr zulässt – schon gar nicht in veraltete Strukturen, Silos und in eine vordigital organisierte Welt. Und überhaupt nicht mehr für unausgegorene Experimente zugunsten einzelner Interessengruppen. Manchmal ist auch das Scheitern als Chance zu bewerten.

Drittens: Die gesetzliche Regulierungswut, die jedes Detail, jeden Ablauf in Krankenhäusern, Arztpraxen, Krankenkassen staatlicher Bevormundung unterwerfen will, muss enden. Das Übermaß an Bürokratie, die drauf ausgerichtet ist, zu sagen, was nicht geht, was man nicht darf, muss entschlossen zurückgebaut werden. Die Vorstellung, jeden Einzelfall durch eine spezielle Vorschrift regeln zu können, führt geradewegs in den Wahn. Wir brauchen einen Gesetzgeber, der Rechte und Möglichkeiten schafft, nicht Grenzen und Verbote. Noch dringender als Geld vom Staat brauchen wir im Gesundheitswesen einen gesetzlichen Rahmen, der es uns erlaubt, uns selber zu helfen. Gesundheit als gesellschaftliche wie als Managementaufgabe kann gelingen, wenn Unternehmen und Beschäftigte selbst strategisch ihr betriebliches Gesundheitsmanagement mit Arbeitsmedizin und dem Gestalten der Versorgungslandschaft vor dem Werkstor verzahnen können. In der DNA von Betriebskrankenkassen ist es tief verankert, in gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Krisen Antworten zu finden, neue technische Möglichkeiten schnell zu nutzen und dann konsequent zu handeln. Deshalb und weil wir Schiller verstanden haben, rufen wir in der schwersten politischen Krise seit Jahrzehnten dem Kanzler der Minderheitsregierung und seinem Nachfolger zu: Sire, geben Sie Gedankenfreiheit! Und Handlungsfreiheit, das Versprechen der solidarischen Krankenversicherung mit in die digitale Welt zu nehmen!

Ihr Franz Knieps