Dass Russland im Zusammenhang mit seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine derzeit nicht nur eine Schattenflotte und Militärflugzeuge über die Ostsee schickt, sondern auch jeden Tag unsere kritische Infrastruktur in Deutschland testet, ist ein Thema für Gesundheitspolitik. Hybride Attacken, Cyberangriffe, Sabotage – das erfordert klare Strategien und konkrete Maßnahmen, um die Infrastruktur zu härten und Mitarbeiter wie auch die Gesellschaft resilienter zu machen. Im Gesundheitswesen haben wir uns daran gewöhnt, seit Jahren die Summe der Systeme in isolierten Silos zu betrachten, weil eben diese getrennt finanzierten Silos Geschäftsmodelle im 500 Mrd. Markt der Gesundheitsversorgung absichern. Das kann nicht so bleiben. Die Krankenhäuser in Deutschland werden sich absehbar an der Frontlinie wiederfinden, falls die Bundeswehr im Osten militärisch eingreifen muss. Unsere NATO-Partner, insbesondere die USA, erwarten, dass ein wesentlicher Teil der Verwundeten hier versorgt und behandelt wird. Rund 1.000 pro Tag. Parallel zur normalen, zivilen Versorgung, die stabil weitergeführt werden muss. Ein junges Team von Gründern: Mediziner, Ingenieure und IT Experten – die meisten sind ehemalige Soldaten – kümmert sich darum, Schwachstellen und Lösungen entlang strategischer Korridore zu analysieren. Sie haben ein Angebot an unser Gesundheitssystem und wir haben sie gebeten, das in diesem Magazin vorzustellen. Denn Resilienz ist keine Zusatzleistung, die man sich in guten Zeiten gönnt. Resilienz ist eine Haltung.

Der Duden schreibt zu dem Adjektiv „notwendig“: „im Zusammenhang mit etwas nicht zu umgehen; von der Sache selbst gefordert; unbedingt erforderlich; unerlässlich.“
Die Notwendigkeit, als menschliche, dynamische Eigenschaft betrachtet, könnte auch auf eine Haltung hinweisen: Beweglichkeit und Wendigkeit, die von einer Notlage positiv beeinflusst wird und dazu führt, das unbedingt Erforderliche zu tun, um die Not abzuwenden. Voraussetzungen wären eine klar erkennbare Not, die Bereitschaft, sie zu betrachten, die Klarheit, sie zu ordnen und zu analysieren, die Fähigkeit zu bewerten, welche Entscheidungen erforderlich sind, den Mut, sie zu treffen, und die Anpassungsfähigkeit, Entscheidungen und Ergebnisse zu überprüfen, um notwendige Korrekturen vorzunehmen.
Definition: Notwendig(keit) – von „die Not abwendend“. Unerlässlich, zwingend erforderlich. Aktiv verstanden: ausreichende Wendigkeit, Beweglichkeit, Anpassungsfähigkeit, um eine Bedrohung abzuwehren. Entweder aus Wille – antizipierend – oder durch die Erfahrung der Not. Ressourcenfragen sind dabei sekundär. Sie werden oft primär vorgetragen, wenn der Wille nicht reicht und die Not verdrängt wird. Viktor E. Frankl: „Wer ein Warum zum Leben hat, der findet auch ein Wie.“
Bei kritischer Infrastruktur und insbesondere bei Krankenhäusern geht es um das Leben. Um das Leben unseres Landes, unserer Partner im Bündnisfall, unserer Kinder und Soldaten, jedes einzelnen Menschen. Die Infrastrukturen sind die Lebensadern des Organismus Deutschland. Was ist der Wert von Plänen, die nicht geübt werden? Was ist der Wert eines Planes zur Treibstoffversorgung, wenn Treibstoff in der Krise die am härtesten umkämpfte Ressource ist? Wie steht es mit Wissen über Bedrohungen, wenn das Wissen über die eigenen Infrastrukturen nur fragmentarisch vorhanden ist?
Komplexität lässt sich einfach erklären: drei oder mehr Entitäten, Fachbereiche, Ressourcen, die unabhängig sind und zugleich voneinander abhängen. In der Realität nicht isoliert betrachtbar. Doch seit Jahren stellen wir die Summe der Systeme in den Systemen isoliert dar. Wir schrauben an Einzelteilen oder lassen sie laufen, solange nichts sichtbar stört. Erfolg wird gleichgesetzt mit Funktion. Stabilität auf der Basis von Fragilität. Gelingt etwas, jubeln wir – weil es gerade funktioniert. Der Anlass, Systeme nicht in ihrer Summe zu betrachten, ist nicht Fokus, sondern Überforderung. Das ist verständlich, allerdings inzwischen lösbar.
Seit dem Beginn des Krieges in der Ukraine ist klar: Verwundetenzahlen von rund 1.000 pro Tag müssen einkalkuliert werden. Partner, insbesondere die USA, erwarten, dass ein wesentlicher Teil der Verwundeten hier versorgt und ausbehandelt wird – nicht nur stabilisiert, sondern zumindest über Wochen versorgt. Parallel läuft die zivile Versorgung. Es entsteht eine Konkurrenzsituation, die mit den vorhandenen Ressourcen nicht gedeckt werden kann. Viele Krankenhäuser wissen nicht, was das für sie bedeutet. Sie können ihre Rolle im Zivilschutz nicht einordnen und reagieren mit Panik. Erste Forderung: Geld. Doch Geld ersetzt keinen Plan.
Das Muster erinnert an den Freund mit Rückenschmerzen: Jedes Fitnessstudio ungeeignet: im einen sind die Menschen zu sportlich, im anderen zu alt, das dritte zu teuer. Und die Kasse zahlt nicht. Argumente: Scham, Überheblichkeit, Abhängigkeit. Notwendig wäre, sich einfach zu bewegen. Übertragen: kleine Schritte sind möglich, ressourcenschonend, sofort wirksam, messbar und kommunizierbar. Gleichzeitig braucht es die Fähigkeit, die Gesamtsituation in ihrer Komplexität zu beschreiben, zu betrachten, zu bewerten und zu steuern.
Szenarien helfen, Realität zu testen. Sie sind keine theoretischen Übungen, sondern Belastungsproben:
- Konventioneller Angriff: Verwundetentransporte nach Deutschland, dauerhafte Anschlussversorgung.
- Cyberangriff: Sabotage von Strom, Wasser, IT-Systemen in Krankenhäusern und Leitstellen.
- Einsatz von Massenvernichtungswaffen: Anschläge mit radioaktivem oder chemischem Material gegen die Zivilbevölkerung.
Diese Szenarien sind keine Fiktion. Sie zeigen, wie dünn die Decke unserer Resilienz ist. Politik und Verwaltung vermeiden es, die Lücken offen zu benennen. Doch Notwendigkeit verschwindet nicht, wenn man sie ausblendet. Sie wächst – und sie zwingt, ob man vorbereitet ist oder nicht. Dass schlagkräftige Streitkräfte zur Verteidigung der Bundesrepublik Deutschland unerlässlich sind, war z. B. bekannt. Dem Wissen um die Notwendigkeit zum Trotz wurde anders priorisiert und gespart. Gehandelt wurde erst, als der Angriff Russlands auf die Ukraine die Bedrohung fühlbar machte. Evolutionär logisch: Ressourcen dorthin, wo es gerade brennt. Dringlichkeit wurde über Emotionen transportiert: Angst, Ekel, Schmerz. In einer hochkomplexen Welt mit langen Vorläufen ist das aber unzureichend. Resilienz verlangt Investitionen auf der Grundlage kognitiver Lagebilder. Wenn Ereignisse die Notwendigkeit spürbar machen, ist es zu spät.
Erstes Handlungsfeld: Die medizinische Versorgung
Das erste, was bei einem Krankenhaus hervorsticht, ist die medizinische Versorgung. Alle Tätigkeiten müssen sich darauf beziehen, unmittelbar oder unterstützend. Im Frieden bedeutet das Routine, in der Krise bedeutet es radikale Veränderung. Verwundete in großer Zahl, mit Verletzungen, die in Friedenszeiten selten sind, treten gleichzeitig auf. Verwundungen durch Sprengungen, Schussbrüche, Verbrennungen, Dekontaminationsbedarf. Dazu die zivile Grundversorgung, die parallel läuft und nicht einfach gestoppt werden kann. Wer glaubt, die Dauerbelastung der Normalversorgung sei Training für den Ernstfall, irrt. Dauerstress ist Gift für Anpassungsfähigkeit. Eingeschliffene Workarounds sind schwerer zu verändern als Standards. Notwendig sind klare Verfahren, klare Zuständigkeiten, klare Linien.
Das Ziel ist der Dreisatz: Resilienz, Effizienz, Sicherheit. Resilienz, um unter Schock zu bestehen. Effizienz, um Ressourcen zu bündeln. Sicherheit, um Vertrauen zu halten.
Zweites Handlungsfeld: Führung und Befehlskette
Führung in Krisen bedeutet nicht, möglichst viele Stimmen einzubinden. Sie bedeutet, handlungsfähig zu bleiben. Die Konkurrenz von Fachinteressen, die im Alltag manchmal erträglich ist, ist im Ernstfall tödlich. Notwendig ist eine Führung durch einen kleinen Stab, lageorientiert, mit klarer Eskalationslogik. Rollen, Verantwortung, Entscheidungen – eindeutig. Triage als Prinzip: Klarheit im Zwang. Pareto als Prinzip: Konzentration aufs Wesentliche. Das ist keine Theorie. Das ist die Logik des Überlebens.
Wer sich heute nicht fragt, welchen Beitrag er selbst im Ernstfall leistet, wird im Ernstfall zum Problem.
Drittes Handlungsfeld: Energie und Infrastruktur
Strom, Wasser, Wärme – die Basis. Seit Jahrzehnten heißt es: 72 Stunden Notstrom. Die Realität: 24 Stunden, dann Abhängigkeit von Treibstofflieferungen. In vielen Häusern ist der Modernisierungsstau offensichtlich. Systeme laufen im Alltag, aber nicht im Ausnahmezustand. Die Selbstwahrnehmung vieler Techniker: souverän. Die Realität: fragil. Ohne tiefgreifende, übertragbar vorhandene Kenntnis über die vorhandenen Systeme und Strukturen, die Möglichkeiten diese zu steuern und die Belastungsprobe durch Übungen bleibt jeder Plan wertlos.
Ein Krankenhaus ohne Strom ist nicht dienlich. OP, Intensiv, Labor – alles steht. Ein einzelnes Ventil, das nicht gewartet wurde, kann Kettenreaktionen auslösen. Energie ist kein Nebenschauplatz, sie ist die Lebensader.
Energieausfälle sind keine Theorie. Greyouts, die nur einzelne Stadtteile betreffen, reichen aus, um Krankenhäuser in Sekunden an die Grenze zu bringen. Bei Blackout laufen Generatoren an, doch sie decken nicht alles ab. Schon nach kurzer Zeit fehlen Treibstoff, Wartung, Ersatzteile. Die Folgen: keine OPs, keine Beatmung, keine Laborwerte, keine Röntgenbilder, nicht mal Befunddokumentation oder Laboranforderungen sind möglich. Wer hier keinen Plan hat, verliert. Zusätzlich gibt es inzwischen viele Wege Energie zu erzeugen, zu speichern, Verbraucher zu detektieren, Systeme zu steuern. Hier ist Ausbau und Vielfalt gefragt.
Viertes Handlungsfeld: Digitale Infrastruktur
Im Frieden zählt Datensicherheit über Jahre hinweg. In der Krise zählt allein die Verfügbarkeit. Patientenversorgung zuerst. Cyberangriffe sind längst Alltag. Sie sind Teil hybrider Kriegsführung. Nicht primär, um Daten zu stehlen, sondern um Systeme lahmzulegen, Angst zu verbreiten, Schwachstellen zu testen. Die Verbindung zwischen IT und Energie macht die Lage noch gefährlicher. Ein digitaler Angriff kann Stromversorgung direkt treffen.
Deshalb gilt: Integration statt Disruption. Systeme müssen eingebunden werden, nicht ersetzt. Nur so entsteht Akzeptanz und Steuerbarkeit. Dynamik muss sichtbar werden, nicht simuliert. Wer glaubt, dass alte Systeme im Ernstfall stabil bleiben, täuscht sich.
Fünftes Handlungsfeld: Logistik
Logistik ist der sichtbarste Hebel. Ohne Nachschub und Abtransport läuft nichts. Sterilgut, Blutkonserven, Medikamente, Laborprozesse – sie sind Rückgrat und Achillesferse zugleich. Fehlt nur ein Glied, wird das beste Team handlungsunfähig. Jede Störung wirkt sofort. Und jede Störung ist in Krisen wahrscheinlicher: blockierte Straßen, sabotierte Transporte, Prioritätenlisten der Bündnislogistik.
Logistik unter Stress bedeutet: Straßen blockiert, Lieferketten gestört, Transport von Blutkonserven verzögert. Ein einziger LKW, der im Stau steht, kann das Überleben von dutzenden Patienten entscheiden. In der Krise wird jedes Krankenhaus zum Knotenpunkt. Wer keine Redundanz aufgebaut hat, wird in Minuten handlungsunfähig. Bleibt Nachschub an Einweg‑Instrumentarium, Untersuchungshandschuhen, Infusionsschläuchen oder Sterilisationsverpackungen aus, werden Standardprozeduren über Nacht unmöglich. Man kann das abwarten – oder vorbauen: Material nicht nur nach Preis und Fachlogik beschaffen, sondern Substituierbarkeit und multi‑use/multi‑role-Aspekte berücksichtigen. Ein Sortiment, das Alternativen zulässt, verschiebt den Kipppunkt nach hinten.
Schwachstellen – systematisch sichtbar
Die Erfahrung zeigt, dass sich Defizite in denselben Feldern wiederholen:
- Führung: unklare Entscheidungswege, fehlende Eskalation.
- Energie: Notstrom nicht gesichert, Abhängigkeit von Treibstoff.
- IT: geringe Resilienz, unterschätzte hybride Bedrohungen.
- Personal: knappe Verfügbarkeit, psychologische Belastung ignoriert.
- Logistik: sofortige Wirkung jeder Störung.
- Schnittstellen: fragmentierte Kommunikation, schwache Meldeketten.
Diese Schwachstellen sind bekannt, aber nicht behoben. Sie bleiben Papier. Erst die harte Übung, der Test, macht sie greifbar. Erst wenn der Strom wirklich ausfällt, zeigt sich, was vorbereitet ist.
Beim Personal zeigt sich die zweite Schwäche. Viele Häuser arbeiten heute schon am Limit. Im Ernstfall brechen Schichten weg: eigene Familien, Ängste, psychologische Belastungen. Wer denkt, man könne im Ernstfall einfach „verlängern“, verkennt die Realität. Menschen sind keine Maschinen. Ohne etablierte Konzepte zur psychischen Resilienz des Personals bricht die Einsatzfähigkeit ein.
Team und Struktur
Resilienz entsteht nicht im Einzelkampf. Sie entsteht durch Teamarbeit. Interdisziplinär: Ärzte, Techniker, IT, Führung, Logistik. Ergänzt um Erfahrung aus Militär, Polizei, Industrie.
Werkzeuge wie semantische Architekturen* können Systeme parallel abbilden, ohne sie zu stören. Entscheidungslogiken können Ordnung erzwingen, Rollen und Eskalationen klarziehen. Es geht darum, dass Resilienz nicht entsteht, wenn Systeme unsichtbar bleiben. Dynamik muss sichtbar werden, damit sie steuerbar wird.
Übung ist der Schlüssel. Keine PowerPoint ersetzt das Durchspielen im Ernstfall. Evakuierungen, Blackout-Szenarien, Cyberangriffe – sie müssen realistisch geübt werden, mit allen Beteiligten. Nur dann zeigt sich, wer reagiert und wer blockiert. Nur dann wird sichtbar, ob Strukturen tragen oder Illusion sind.
Sie strukturiert Daten, Informationen, Wissen und Prozesse (DIWP) so, dass Computer und Maschinen sie „verstehen“ können, nicht nur speichern. Weiter sorgt die Architektur dafür, dass die Prozesse aller Personen und der intangibler Gegenstände (z.B. Maschinen oder Sensoren. Aber auch das Gesetz oder Zertifizierungen können in Computer zu verstehende “Sprache” übersetzt werden) fließend ineinander greifen.
So können DIWP intelligent von zwei bis hin zu mehreren Millionen von aneinandergekettet oder zusammengeführt und genutzt werden können.
Genau solch eine Verkettung von DIWP erfolgt in jeder Organisation, egal ob Krankenhaus, Steuerberatungskanzlei oder einem Warenwirtschaftsgeschäft
Vergleich: „Eine semantische Architektur ist wie ein Wörterbuch und Grammatikbuch für Daten, Informationen, Wissen und Prozessen, das allen Systemen hilft die Kommunikation unabhängig der Herkunft aufrecht zu erhalten.”
Zusammengefasst werden diese DIWP in der modernen Technologielandschaft als Digitale Zwillinge bezeichnet.
r ist ein virtuelles Abbild eines realen Systems, Prozesses oder Objekts, das mit Echtzeitdaten gespeist wird.
Seine Weiterentwicklung ist der “Dynamische Digitale Zwilling”. Er ist nicht nur ein Abbild der Echtzeitdaten, sondern bezieht alle DIKW-Bereiche mit ein, z.B. Daten, Abhängigkeiten von Personen, Software und Hardware, gesetzlichen Vorgaben oder unternehmensbezogenen Richtlinien, wissenschaftliche Basis für dynamische Entscheidungen, Übersetzungen von Abkürzungen wie z.B. CT, was Computed Tomography in der Medizin heißt, aber Counter-Terrorism in der Verteidigung.
Damit lassen sich Szenarien simulieren, Entscheidungen vorbereiten und Abläufe optimieren, ohne dabei die Dynamiken der Realität zu verlieren.
Vergleich: „Ein Digitaler Zwilling bzw. Dynamischer Digitaler Zwilling ist wie ein Live-Spiegel der Realität, an dem man gefahrlos ausprobieren kann, bevor man in der echten Welt eingreift.“
Integration. Ordnung. Klarheit.
Im dynamischen Zustand greifen die Handlungsfelder ineinander wie Zahnräder. Medizinische Versorgung, Führung, physische Infrastruktur, digitale Netze, Logistik – kein Bereich bleibt isoliert, jeder wirkt in die anderen hinein. Eine Entscheidung in einem Feld löst sofort eine Kaskade in den anderen aus. Das ist die Realität, die wir uns oft nicht vor Augen führen wollen. Wir tun so, als könne man einzelne Schalter bedienen, als ließen sich Probleme wie Glühbirnen austauschen. Doch in Wahrheit bedeutet jedes Ziehen am Hebel eine Bewegung im gesamten System. Und die Frage ist nicht, ob das System reagiert – sondern wie.
Das Bild des Blackouts ist hier mehr als eine Metapher. Wenn die Lichter ausgehen, gehen die Menschen dorthin, wo es leuchtet. Panik folgt nicht der Logik des Plans, sondern der Logik des Instinkts. Der allgemeine Plan sieht vor, in dieser Lage die Elektivpatienten nach Hause zu schicken, wenn die anderen Stadtbewohner sich in Richtung der Klinik bewegen, weil drinnen Strom und Wärme sind. Das ist keine theoretische Übung. Das ist der Moment, in dem sichtbar wird, ob ein Plan nur auf Papier existiert oder ob er durchdacht, geübt und im Alltag verankert ist.
An dieser Stelle taucht die Wirtschaft auf als Teil des Netzwerks mit ähnlichen gegenseitigen Abhängigkeiten. Unternehmen sind keine neutralen Beobachter, sie hängen an denselben Adern wie jeder Bürger. Ohne Energie keine Produktion, ohne digitale Netze keine Steuerung, ohne Logistik keine Waren. Aber noch direkter: Ohne resiliente Krankenhäuser keine handlungsfähigen Mitarbeiter. Wo sind die Fachkräfte, wenn Panik ausbricht? Wo stehen sie, wenn ihre Kinder im Dunkeln sitzen, wenn Angehörige medizinisch nicht versorgt sind? Wer glaubt, dass ein Werk oder ein Büro in solchen Szenarien reibungslos weiterläuft, ignoriert die Realität. Die Resilienz der Unternehmen ist unmittelbar an die Resilienz der Krankenhäuser gekoppelt.
Das ist keine Randnotiz. Es ist der Kern. Produktivität braucht Sicherheit. Versorgung braucht Arbeitskraft. Wenn Krankenhäuser kippen, kippt die Arbeitsfähigkeit ganzer Regionen. Wenn Mitarbeiter gezwungen sind, ihre Familien zu schützen, stehen sie nicht am Band, nicht am Rechner, nicht im Führungsstab. Und wenn Unternehmen in einer Krise nicht liefern können, bricht auch die Infrastrukturversorgung ein, weil Bauteile, Materialien, Treibstoff oder Medikamente nicht mehr fließen. Die Kette läuft in beide Richtungen. Unternehmen brauchen resiliente Kliniken, Kliniken brauchen produktive Unternehmen. Wer das trennt, verkennt das Wesen der kritischen Infrastruktur.
Ein Beispiel: Ein mittelständischer Zulieferer für Medizintechnik produziert Komponenten, die direkt in der Klinik gebraucht werden. Wenn dort der Strom für 48 Stunden fehlt, wird nicht nur das eigene Werk still, sondern auch die Patientenversorgung hängt. Gleichzeitig sind viele der eigenen Mitarbeiter selbst Teil der lokalen Bevölkerung. Im Blackout stehen sie nicht an der Maschine, sondern am Krankenbett ihrer Angehörigen. Hier wird sichtbar: Wirtschaft und Krankenhaus sind nicht zwei Systeme, sie sind ein gemeinsames Organ.
Die Behauptung, die erste Reaktion müsse immer die Forderung nach mehr Geld sein, ist trügerisch.
Deshalb ist die Behauptung, die erste Reaktion müsse immer die Forderung nach mehr Geld sein, so trügerisch. Geld kauft keine Resilienz, wenn die Haltung nicht vorhanden ist. Es ist wie mit dem Freund, der über Rückenschmerzen klagt und jedes Fitnessstudio schlechtredet, statt einfach anzufangen, sich zu bewegen. Genau so stehen Unternehmen und Behörden vor denselben Ausreden: zu teuer, zu komplex, nicht meine Aufgabe. Doch der erste Schritt ist selten eine Frage der Ressourcen. Es ist eine Frage des Willens.
Es sind die einfachen, klar definierten Schritte, die sofort Wirkung entfalten. Ein Notstromtest, eine geübte Evakuierung, eine klare Stabsübung. Das sind keine Mammutprojekte, das ist vergleichbar mit den 20 Minuten Bewegung gegen Rückenschmerzen. Und die Wirkung ist unmittelbar sichtbar, messbar, kommunizierbar.
Die Dynamik der Systeme verlangt, dass wir diese Schritte nicht als Insellösungen sehen, sondern als Signale für das Ganze. Jeder geübte Ablauf stärkt nicht nur das Krankenhaus, sondern das Vertrauen der Bevölkerung, die Bindung der Mitarbeiter, die Handlungsfähigkeit der Unternehmen. Resilienz ist kein abstraktes Wort, sondern eine gelebte Fähigkeit, die sich sofort auswirkt.
Und genau hier ist die Industrie schneller als die Behörden. Unternehmen wissen, dass Stillstand sie vernichtet. Sie wissen, dass es keinen Vorteil gibt, wenn nur die eigene Fabrik läuft, während das Umfeld kollabiert. Darum sind sie auf dieselbe Resilienz angewiesen wie Kliniken und Bürger. Darum können sie Partner sein, nicht Zuschauer. Das Denken in Ketten, in Abhängigkeiten, in Dynamik – es ist ihr Alltag. Und es ist dieselbe Logik, die wir für die kritische Infrastruktur brauchen.
Die Realität ist jedoch so komplex, dass wir in der Vergangenheit durch IT-Lösungen Teile der Realität versucht haben abzubilden. Hier gab es immer wieder starke Fehleranfälligkeit, sodass im Ernstfall Systeme nicht dynamisch auf Veränderungen reagieren konnten und somit nutzlos waren.
Mit modernen Technologien, der Kombination aus semantischen Architekturen und Digitalen Zwillingen bzw. Dynamischen Digitalen Zwillingen, lassen sich Situationen von Einzelpersonen in ein Gesamtgefüge und Strukturen dynamisch darstellen und “unendlich” skalieren. Resilienz entscheidet, ob Systeme standhalten oder zusammenbrechen. Krankenhäuser sind dabei das Herz der kritischen Infrastruktur. Dort verdichtet sich die Lage. Wenn der Strom ausfällt, wenn digitale Netze versagen, wenn Personal unter Druck kollabiert, spürt die Gesellschaft die Folgen sofort. Unternehmen, Behörden, Bürger – alle hängen daran. Es geht nicht um Sektoren, die nebeneinanderlaufen, sondern um ein verflochtenes Ganzes, in dem jede Bewegung eine andere auslöst.
Simuliert man also potentielle, kritische Szenarien, in dem man alle Interessengruppen durch einen Dynamischen Digitalen Zwilling beschreibt und in einer semantischen Architektur vereint, dann lässt sich jede Abhängigkeit, jede Schwachstelle, jede Rückkopplung sichtbar darstellen und vorbeugend so strukturieren und anpassen, dass im Ernstfall die Personen den Handlungsanweisungen der bzw. ihrer Digitalen Zwillinge nur noch folgen müssen, um eine maximale Umsetzungsgeschwindigkeit zu erreichen.
Dieses Abbild ist kein Selbstzweck. Es ist der Raum, in dem Verantwortung greifbar wird. Entscheidungen, die bisher im Nebel getroffen wurden, werden beobachtbar und steuerbar. Im Ernstfall bedeutet das: weniger Zögern, mehr Handlungsfähigkeit.
Doch Technik allein reicht nicht. Ein digitales Abbild braucht Menschen, die es lesen, verstehen und anwenden. Genau dafür ist das Team „Kritische Infrastruktur“ da. Ärzte, Ingenieure, Offiziere, Psychologen, Ökonomen – sie denken die Kaskaden gemeinsam. Jeder bringt seine Fachlichkeit ein, jeder erkennt die Logik seines Bereichs. Erst im Verbund entsteht das Bild, das in einer Krise trägt. Das Team übersetzt Sichtbarkeit in Handlung. Es gibt Richtung, wenn andere in Unsicherheit verharren.
Unternehmen sind in diesem Zusammenhang nicht Beobachter, sie sind Teil der kritischen Infrastruktur. Ihre Mitarbeitenden sind auch Bürger und Bürgerinnen. Wenn in der Stadt Panik ausbricht, stehen sie nicht am Band, sondern in der Schlange vor der Notaufnahme. Wenn Angehörige unversorgt bleiben, ist die Arbeitsfähigkeit dahin. Ein Betrieb braucht resiliente Krankenhäuser genauso wie diese auf funktionierende Unternehmen angewiesen sind. Ohne Produktion fehlen Medikamente, Treibstoff, Ersatzteile. Ohne Versorgung fehlt die Belegschaft. Es ist eine doppelte Abhängigkeit, die niemand mehr trennen kann.
Durch die enge Verflechtung in unserer komplexen Welt sind Kliniken und Wirtschaft zwei Seiten derselben Medaille. Die Resilienz der einen entscheidet über die Funktionsfähigkeit der anderen. Wer das unterschätzt, läuft Gefahr, im Ernstfall an der falschen Stelle zu investieren. Der Glaube, Unternehmen könnten inmitten zusammenbrechender Infrastrukturen produktiv bleiben, hält keiner Realität stand. Jede Krise der letzten Jahre hat gezeigt: Sobald Kliniken unter Druck geraten, spürt es die gesamte Region.
Resilienz muss trainiert werden. Pläne in Schubladen retten niemanden. Es geht um Übungen, klare Abläufe, gelebte Stabsarbeit. Der digitale Zwilling macht sichtbar, welche Schnittstellen besonders empfindlich sind. Das Team bringt die Disziplin, daraus handfeste Abläufe zu formen. Erst die Wiederholung sorgt dafür, dass im Ernstfall nichts improvisiert werden muss.
Das Gesamtbild ist eindeutig: Resilienz ist die Grundlage jeder Handlungsfähigkeit. Sie schützt Leben, erhält Produktivität und bewahrt Vertrauen. Ein Krankenhaus, das weiterarbeitet, hält eine Gesellschaft stabil. Eine Gesellschaft, die sich stabil fühlt, ermöglicht Unternehmen, ihre Arbeit fortzuführen. Unternehmen wiederum sichern die Infrastruktur, die Kliniken am Laufen hält. Die Kreise schließen sich.
Die Aufgabe ist groß, doch sie verlangt keinen Bruch mit dem Bestehenden. Systeme werden nicht zerschlagen, sondern in einen größeren Zusammenhang gestellt. Ein digitales Abbild schafft die Sichtbarkeit, ein interdisziplinäres Team sorgt für Umsetzung, Übungen verankern das Gelernte. Das Ziel ist nicht ein neues System neben den alten, sondern ein gemeinsames Fundament, das trägt, wenn es darauf ankommt.
Resilienz ist keine Zusatzleistung, die man sich in guten Zeiten gönnt. Sie ist die Voraussetzung, dass Gesellschaft, Wirtschaft und Gesundheitssysteme auch in schlechten Zeiten funktionieren. Sie entscheidet darüber, ob Menschen im Krankenhaus überleben, ob Unternehmen ihre Mitarbeiter halten, ob Bürger Vertrauen in den Staat behalten. Sichtbar gemacht im digitalen Zwilling, getragen vom Team, eingeübt in klaren Abläufen.