BKK Dachverband fürs Ohr

Interview mit Dirk Rennert zum Gesundheitsreport 2020

Herr Rennert, erst mal der Blick aufs allgemeine Gesundheitsgeschehen. Betrachten wir die Fehltage auf Arbeit, welche Krankheitsarten schlagen derzeit am häufigsten zu Buche?

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FRAGE 1: Herr Rennert, erst mal der Blick aufs allgemeine Gesundheitsgeschehen. Betrachten wir die Fehltage auf Arbeit, welche Krankheitsarten schlagen derzeit am häufigsten zu Buche?
OT1 Dirk Rennert: Insgesamt waren die Beschäftigten im Jahr 2019 im Schnitt 18,4 Tage krankgeschrieben. Davon gehen allein viereinhalb Tage auf Muskel-Skelett-Erkrankungen zurück. Mit rund drei Tagen werden die zweitmeisten Fehltage durch psychische Störungen verursacht. Auf Platz drei finden sich mit 2,7 Tagen in diesem Jahr die Atemwegserkrankungen. Zusammen sind allein diese drei Krankheitsarten für 10,2 Fehltage oder anders ausgedrückt für die Hälfte aller Ausfallzeiten verantwortlich.

FRAGE 2: Seit mehr als zehn Jahren beobachten Sie die Fehltage in den Betrieben. Wie hat sich das Krankheitsgeschehen seither entwickelt, sehen Sie Veränderungen?

OT2 Dirk Rennert: In den vergangenen zehn Jahren sind die Fehltage der Beschäftigten um mehr als ein Drittel angestiegen. Ganz konkret heißt das: Im Jahr 2009 waren Beschäftigte im Durchschnitt noch rund 14 Tage krankgeschrieben. Im Jahr 2019 sind es mit 18,4 Tagen schon über vier Tage mehr.

FRAGE 3: Der Schwerpunkt des BKK Gesundheitsreports in diesem Jahr lautet Mobilität. Wie gestaltet sich Mobilität heute? Sie haben dazu mehrere Tausend Beschäftige befragt …

OT3 Dirk Rennert: … durchschnittlich brauchen Berufstätige 17 Kilometer beziehungsweise 25 Minuten für ihren meist täglichen Weg zur Arbeit. Am häufigsten pendeln beispielsweise Männer, junge Beschäftigte, höher Qualifizierte und Menschen in Dienstleistungsberufen. Dabei legen sie längere Strecken mit mehr Zeitaufwand zurück. Beschäftigte im IT-Bereich sind im Schnitt etwa eine halbe Stunde täglich unterwegs, bei den Bauberufen sind es nur knapp 20 Minuten.

FRAGE 4: In welcher Weise wirkt sich das Pendeln zur Arbeit auf die Gesundheit der beschäftigten Menschen aus?

OT4 Dirk Rennert: Auf den ersten Blick unterscheiden sich Pendler und Nicht-Pendler hinsichtlich ihrer Gesundheit gar nicht so stark. Schaut man sich die Entfernung und die Zeit, die Pendler für den Weg zur Arbeit aufwenden, genauer an, gibt es allerdings deutliche Unterschiede. Je länger der Weg und die Zeit zur Arbeit ausfallen, desto negativer wirkt sich das auf die seelische und körperliche Gesundheit und auf das Sozialleben der Pendler aus.

FRAGE 5: Lassen sich regionale Unterschiede bei der Häufigkeit/Frequenz des Pendelns und der jeweiligen gesundheitlichen Belastung ausmachen?

OT5 Dirk Rennert: Landkreise, die in unmittelbarer Nähe zu wirtschaftlichen Ballungszentren oder Großstädten liegen, haben die größten Pendleranteile. Zum Beispiel im Landkreis Leipzig: Hier sind mehr als zwei Drittel der Beschäftigten Pendler. In der Stadt Leipzig liegt der Anteil hingegen nur bei einem Viertel. Die größten Strecken zur Arbeit legen Beschäftigte in Ostdeutschland zurück. Auch in grenznahen Regionen ist der Weg zur Arbeit besonders lang.