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MINDZEIT – ALLES BEGINNT IM KOPF

Von Stefan B. Lummer

Um das Training unseres Geistes, unseres bewussten Denkens ebenso selbstverständlich zu machen und mit Spaß und angenehmen Emotionen zu verbinden, wie Sport oder gesunde Ernährung, haben Céleste Kleinjans und Marinko Spahic MINDZEIT gegründet und eine interaktive App entwickelt. Die mit Erkenntnissen der Psychologie und Neurowissenschaften gestaltete User Journey der App bietet einen leichten, intuitiven Zugang ohne Hürden, aber dafür mit positiven Emotionen zu Achtsamkeits- und Entspannungsübungen, die Freude bereiten. MINDZEIT ist keine App auf Rezept. Doch der digitale Achtsamkeits- und Entspannungsraum wurde kürzlich mit dem Siegel „Deutscher Standard Prävention“ ausgezeichnet, ist also ein zertifiziertes und erstattungsfähiges Angebot. Damit kann die MINDZEIT App von gesetzlichen Krankenkassen erstattet und zu einem wertvollen Baustein von Betrieblichem Gesundheitsmanagement werden.

Die beiden Gründer des Kölner Start-ups MINDZEIT® Céleste Kleinjans und Marinko Spahic
Die beiden Gründer des Kölner Start-ups MINDZEIT® Céleste Kleinjans und Marinko Spahic

Die beiden Gründer des Kölner Start-ups waren in diesem Jahr richtig gut sichtbar auf den wichtigen Bühnen von Antreibern der digitalen Transformation in Deutschland. So konnte Céleste Kleinjans etwa beim Event der DIGITAL X Initiative im September als Speakerin auf der Future Stage einen Einblick in das Thema „Navigieren im KI-Zeitalter“ geben: Für die Gründerin eine der Schlüsselkompetenzen von morgen. Warum, das sehen wir am Ende dieses Artikels. Jedenfalls konnten beide vor Live-Publikum ihre Idee präsentieren: Eine App, die ihre Nutzung mit einem positiven emotionalen Erlebnis verbindet, weshalb die Menschen gern dabeibleiben.

Was ist das Erfolgsrezept? „MINDZEIT unterscheidet sich von allen anderen Anbietern, weil es eine emotionsbasierte App ist“, erklärt Marinko Spahic, Experte für Film, Experience Design und Digital Behavioural Design, der an der renommierten Filmakademie Baden-Württemberg studiert hat. „Die App bietet konsequent Übungen an, die zu den Emotionen der User passen. Dazu haben wir die Möglichkeit einer hohen Individualisierung entwickelt: man kann sich seine Lieblingsstimme aussuchen, die dann alle Übungen spricht, um das Erlebnis noch entspannter zu machen.“

Achtsamkeit, Selbstreflektion. Bisher bedienen sich alle Anbieter aus demselben Pool an Übungen, die evidenzbasiert wirksam sind. Marinko Spahic entwickelte und leitete den Bachelor Studiengang „Visual Arts“ an der ifs, der internationalen Filmschule Köln und dozierte fachübergreifend in den Bereichen Digital Storytelling und Digital Producing. „Wir haben uns gefragt, wie kriegen wir die Menschen dazu, diese Übungen selbst für sich zu entdecken und anzuwenden? Dazu haben wir uns Gedanken gemacht. Wir haben also verschiedene digitale Produkte nach Interaktionsdesign angesehen, also wie dort die Mensch-Technik-Interaktion gelöst wurde. Darauf habe ich mich bereits in meiner wissenschaftlichen Arbeit spezialisiert“, sagt Marinko Spahic: „Digital Behavioral Design, also: wie sind digitale Produkte zu designen, dass sie ganz unbewusst die User zu einem positiven Verhalten hinsteuern?“ Behavioral Design bildet eine passgenaue Umgebung für eine Situation, jedoch bleibt die Wahlfreiheit für das eigene Handeln stets bei den Menschen selbst. Mit Hilfe von Psychologie und Verhaltensökonomie werden Menschen dabei unterstützt, für sich selbst und andere bessere Entscheidungen zu treffen.

Céleste Kleinjans ist nicht nur Initiatorin und Mitgründerin von MINDZEIT, sondern auch Autorin für Serious Games. Die Potenziale aber auch die Grenzen von Serious Games auch für eHealth werden seit mehr als einer Dekade von der Wissenschaft erörtert. Serious Games sind digitale Spiele, die ein Lernziel haben, eine besondere Botschaft vermitteln oder eine bestimmte Fähigkeit trainieren. Smartphones und Tablets haben die Zielgruppe erweitert: Bildung to go – oder eben ein persönlicher Entspannungsraum, ein Rückzugsort für geistige Erholung, den man überall dabei hat. Céleste Kleinjans hat Philosophie an der Humboldt-Universität zu Berlin studiert und es war die Technikphilosophie von Ernst Kapp, die sie inspiriert hat, sich intensiver mit dem Verhältnis zwischen Mensch und Maschine sowie KI auseinanderzusetzen. Der Philosoph Ernst Kapp (1808–1896) gilt als einer der Begründer der modernen Technikphilosophie. Die Frage nach dem Wesen der Technik hat er ausgehend von der These beantwortet, Technik sei nichts anderes als eine Erweiterung des menschlichen Körpers und Geistes. Der Mensch als Maß aller Dinge.

Was ist MINDZEIT in seinem Kern? „Der eine Kern von MINDZEIT sind personalisierte Inhalte, die zu den persönlichen Bedürfnissen und akuten Emotionen passen. Der andere Kern ist, dass wir die Schnittstelle Mensch-Technik neu gedacht haben, weil wir nicht nur eine App mit einer Standard Mediathek und Bibliothek mit einem Menue, einem Unternemue und darunter ein weiteres Untermenue anbieten wollten“, erklärt Céleste Kleinjans. „Wir haben die User Experience und User Journey von Anfang an konsequent durchdacht.“ Menschen abholen, die ein hohes Stresslevel aufweisen und dabei ein Verhalten fördern, Achtsamkeitsübungen in den eigenen Alltag zu integrieren.

„Wir wollten unsere User auch nicht unter den Stress setzen, aus tausend Angeboten auszuwählen, sich mühsam einen Überblick über alle Möglichkeiten in komplizierten Menuestrukturen verschaffen zu müssen, wie etwa bei Netflix vor einem gemütlichen Streaming-Abend. Genau diese Situation soll nicht zu Beginn einer Übung zur Entspannung und für die Gesundheit entstehen“, sagt Céleste Kleinjans. „Die App nimmt Usern zuerst die Qual der Wahl ab. Ganz unbewusst erleben die User, dass sie an die Hand genommen werden. Sie werden gefragt, in welcher Stimmung sie gerade sind und schon das führt dazu, dass sie angeregt werden, sich selbst diese Frage öfter in ihrem Alltag zu stellen.“

Wie geht es mir gerade? Was brauche ich im Moment? Fragen, die einfach scheinen, doch versucht man sie zu beantworten, kommt man ins Nachdenken. Haben die User sich gefühlsmäßig eingeordnet, tauchen Bubbles mit verschiedenen Emotionen auf: Frust, Stress, Nervosität, Überforderung, Unzufriedenheit, Angst, Langweile, Freude. Aus ihnen kann man auswählen. Dann schlägt die App passende Übungen vor. Genau drei – nicht mehr.
„Unsere Nutzer verbringen schon auf der Seite der Emotions-Bubbles im Durchschnitt Eineinhalb Minuten“, sagt Céleste Kleinjans – das ist enorm lange verglichen mit dem üblichen TicToc Takt, der chinesischen App. Der Digital News Report zeigt: TicToc wird in der Gruppe der 18- bis 24-Jährigen zunehmend als Nachrichtenquelle genutzt. Das wird die Mechanik der Nachrichtenproduktion grundlegend verändern.

Aber zurück zum Achtsamkeitstraining und dem Anspruch, Wohlbefinden und Lebensqualität zu verbessern. Céleste Kleinjans und Marinko Spahic wollen mit MINDZEIT erreichen, dass User langfristig lernen zu spüren, wann es für sie angebracht ist, Achtsamkeit in ihren Alltag zu integrieren. Sinn der Übungen: Wer die App nutzt, soll gute Gewohnheiten entwickeln.

Wir haben die User Experience und User Journey von Anfang an konsequent durchdacht.

„Wir haben von Anfang an gesagt, dass wir nicht irgendwelche Körperdaten erfassen, sondern den intrinsischen Weg gehen, also mit der Nutzung der App die Selbstreflektion fördern“, sagt Marinko Spahic. Intrinsische Motivation als Mittel, um Zufriedenheit in sich selbst zu finden. Neugierde oder die Lust darauf, eine neue Herausforderung anzunehmen, als mächtige Treiber.

„Denn das Tracking von Daten unseres Körpers wie Blutdruck oder Pulsfrequenz liefert allein eben keine sichere Unterscheidung, ob wir eine Situation von Stress sehen oder das Gegenteil: Euphorie. Schwierige Abgrenzung. Die Zuordnung in die aktuelle Gefühlswelt machen die User mit Selbsteinschätzung weitaus präziser und mit positiven Folgen: Wer sich selbst regelmäßig reflektiert, regt damit einen Prozess an, der zu einem mindset shift führt“, so Marinko Spahic.
Das ist der nachhaltigere Ansatz und der bloßen Aufforderung: „Steh‘ mal auf und atme dreimal tief“ weit überlegen. Denn, Überraschung: Man kann Probleme nicht wegatmen.
Studien der Neurowissenschaften zeigen uns: sobald wir uns unbewusst wirkende Stressfaktoren ins Bewusstsein holen, erschließen wir uns immense mentale Kraftquellen. Tiefe Selbstreflexion holt das Unterbewusste ins Bewusstsein und gibt uns die Möglichkeit, Gedanken bewusst zu lenken. Céleste Kleinjans nennt das Superpower: „Kapazitäten, die das Gehirn für unnütze Grübel- und Gedankenschleifen, oder sogar schlechte Gewohnheiten belegt, werden frei für produktive und positive Gedanken.“

Unsere beschleunigte, digitale Welt erfordert Training für den Verstand und Techniken zur Förderung von Selbstreflexion – und zwar als ebenso wichtige Bestandteile der Grundbildung, wie Sport, Lesen und Schreiben, Kreativität und logisches Denken – so lautet das Credo von Céleste Kleinjans: „Wenn Mensch und Technik immer mehr verschmelzen, dürfen wir eines nicht vergessen: Uns selbst! Die Reflexion über unser Inneres, das Fokussieren positiver Emotionen und das Erlernen eines gesunden Umgangs mit unserer technisierten Umwelt sind essenziell.“

Körper und Geist sind eine Einheit. Ein gesunder Geist und ein positives Mindset beeinflussen auch die körperliche Gesundheit positiv. Die App soll Usern helfen, das richtige Mindset zu kultivieren.

„Empfindung wird immer verknüpft mit Gedanken und Handlungsimpulsen. Deshalb ist es wichtig, uns bewusst zu machen, was unbewusst Stress bei uns auslöst. Zu fragen: Wo kommt das her? Kann ich was dagegen machen? Oder muss ich die Situation einfach mal loslassen?“ Céleste Kleinjans hat eine Botschaft, die über die Funktionalität einer App hinausgeht: „Das ist die Fähigkeit, die uns Menschen ausmacht und es ist zugleich der erste Schritt zu unserer App. Und da kann uns keine Maschine, keine KI von außen beeinflussen, weil es geht darum, dass wir in Kontakt mit unserem Unbewussten sind, unsere Umwelt bewusst wahrnehmen und unsere Selbstwirksamkeit stärken. Andernfalls sind wir nur noch Getriebene. Durch Technologien um uns herum, durch virtuelle Welten, in denen wir versinken, weil KI Systeme eine Bubble um uns herum erschaffen. Es ist wichtig – übrigens auch politisch – dass Menschen autark bleiben, Dinge hinterfragen und kritisch denken können.“

Es geht den beiden Gründern von MINDZEIT um nichts weniger, als die Landschaft der Lösungsansätze zur Förderung der mentalen Gesundheit inmitten der digitalen Transformation neu zu gestalten.