Das Sozialgesetzbuch (SGB) ist in die Jahre gekommen. In Teilen über 40 Jahre alt bildet es lediglich die analoge sektorale Welt ab.
Immer wieder aufs Neue fortgeschrieben und weiter detailliert. Zum Beispiel mit einem anachronistisch kafkaesken ärztlichen Vergütungsrecht, das kaum noch jemand versteht. Oder mit der überholten Trennung zwischen Kranken- und Pflegeversicherung.
Ganz zu schweigen von den bürokratischen Wucherungen, die zu einem enormen Verwaltungs- und Zeitaufwand bei allen Beteiligten - vor allem den Versicherten und gesetzlichen Krankenversicherungen - führen. Ohne klares Zielbild wird diese Flickschusterei Jahr für Jahr mit immer kleinteiligeren Regelungen fortgesetzt.
Die Versicherten wollen eine aktivere Krankenversicherung
Das Sozialgesetzbuch richtig neu schreiben
Das Sozialgesetzbuch muss endlich neu geschrieben werden. Eine Aufgabe, für die es sich politisch zu streiten lohnt. Das neue Buch braucht die Patienten- und Nutzerinteressen als Leitgedanken. Es muss die integrierte Versorgung in den Mittelpunkt stellen. Es muss mehr Transparenz, Digitalisierung und die regional vernetzte Versorgung befördern.
- Statt allgemeine Strukturprinzipien, Leistungen und Organisationen aufzulisten, sind die unterschiedlichen Anliegen der Nutzer des Gesundheitssystems als Bürger, Versicherte und Patienten hervorzuheben und deren Rechte, Aufgaben und Pflichten präzise zu beschreiben.
- Anspruch auf Informationen, Transparenz, Selbstbestimmung, Qualität, Zugang zu Innovationen und Unterstützungsleistungen sind nur einige der Themen, die im Leistungsrecht neu definiert werden müssen. Und die grundsätzliche Trennung von Kranken- und Pflegeversicherung ist in diesem Sinne zumindest zu hinterfragen.
- Keine Überregulierung: Die Beschreibung der Grundlagen der Leistungen muss reichen. Die Detaillierung und regelmäßige Anpassung an die medizinische und soziale Entwicklung übernimmt wieder die (Gemeinsame) Selbstverwaltung.
- Die Binnenlogiken der einzelnen Versorgungsbereiche dürfen nicht länger dominieren. Stattdessen sollte die vernetzte und integrierte Versorgung die Regelversorgung mit der Steuerung von Kapazitäten, Vergütung und Qualität bestimmen.
- Eine gemeinsame Vergütungsordnung sollte gesundheitliche Leistungen unabhängig davon honorieren, ob diese ambulant oder stationär erbracht werden. Sie muss Anreize für die ressourcenschonendste und qualitativ beste sowie sicherste Behandlungsform geben.
- Das Bekenntnis zum freiheitlichen, pluralen Wahl- und Wettbewerbssystem sowie das solidarische Ordnungssystem mit Vorrang für die Selbstverwaltung sollten die Eckpfeiler eines neuen Sozialgesetzbuchs werden. Der Gesetzgeber muss darin die Krankenkassen kraftvoll positionieren und gleichzeitig einen fairen Wettbewerb - um die besten Versorgungsformen und innovative Lösungen - gewährleisten.
- Überall, wo der Vorrang des Digitalen vor dem Analogen mit Blick auf den Patientennutzen unverzichtbar ist, müssen die Potenziale des Digitalen rechtlich flankiert werden.