Kommunikation und Versorgungssteuerung schnell und digital, bessere Pflege, mehr Vernetzung, individuelle Präventionsangebote: Die Betriebskrankenkassen haben ihre Wünsche an die nächste Bundesregierung in einem gesundheitspolitischen Aufgabenheft zusammengefasst.
Die Pandemie hat längst bekannte Defizite der Branche schonungslos offengelegt
Im Gesundheitswesen mangelt es vor allem an Schnelligkeit und Vernetzung, zunehmend auch an finanziellen Ressourcen. Die Betriebskrankenkassen fordern daher von der Politik, in der nächsten Legislaturperiode agilere Kommunikationswege und einen besseren Datenaustausch für eine flexiblere und gezieltere Versorgungssteuerung auf den Weg zu bringen.
Sozialgesetzbuch endlich neu schreiben
„Die Digitalisierung und die damit einhergehende Vernetzung sind der Schlüssel, um Sektorengrenzen zu überwinden und zu einer patientenzentrierten Versorgung zu gelangen“, sagt Knieps. Um Nutzerinnen und Nutzer in den Mittelpunkt zu rücken, müsse das Sozialgesetzbuch neu gefasst werden. Dieses wurde in der Vergangenheit wieder und wieder ergänzt und dadurch immer unverständlicher und bürokratischer, was zu einem enormen Verwaltungs- und Zeitaufwand bei allen Beteiligten führt. Der Gesetzgeber muss die Krankenkassen kraftvoll positionieren und gleichzeitig einen fairen Wettbewerb um die besten Versorgungsformen und innovative Lösungen gewährleisten.
Analoge Prozesse diktieren die Kommunikation und Geschwindigkeit des Gesundheitswesens
Die elektronische Patienten-Akte (ePA) ist als Plattform für die persönliche Gesundheit angelegt: als Werkzeug für die Dokumentation und Kommunikation von Befunden, Medikationen oder den Abruf von Gesundheitsinformationen. Und vielem anderen mehr, wie etwa Organ- und Gewebespende oder Notfalldaten. Eine hohe Akzeptanz der ePA wird deren Einsatz und Ausbaumöglichkeiten zum Beispiel für individuelle Präventionsempfehlungen und Transparenz im Leistungsgeschehen weiter vorantreiben.
Gut ausgebildete, engagierte und motivierte Pflegekräfte sind das Rückgrat der medizinischen und pflegerischen Versorgung
Auch bei der künftigen Ausgestaltung der Pflege und der Krankenhausplanung fordern die Betriebskrankenkassen ein Umdenken. Das Dilemma: Der Pflegebedarf wächst allerorten, zumal auch die grundversorgenden Hausärzte immer älter und insbesondere im ländlichen Raum weniger werden. Zwar ist die gerade beschlossene Pflegereform ein Schritt in die richtige Richtung, doch gehen die Maßnahmen nicht weit genug. So gehören etwa die Erweiterung der Kompetenzen von Pflegekräften sowie die Höhe des zu leistenden Eigenanteils an den Pflegekosten und die weitere Finanzierung der Pflege auch in der kommenden Legislatur auf die politische Agenda.
Ambulant vor stationär
Bei der Krankenhausplanung sollte die Politik ihren Fokus künftig vor allem darauf richten, die Kliniklandschaft im Sinne von Patientinnen und Patienten umzustrukturieren. Zu wenig Spezialisierung, Konzentration und Vernetzung der Leistungserbringer reichen sowohl medizinisch als auch strukturell und finanziell nicht mehr aus. Es reicht nicht, wenn flächendeckend ein bisschen von allem verfügbar ist.
„Die Politik muss die wohnortnahe Grundversorgung beispielsweise durch kommunale pflegerische Versorgungszentren (KPVZ) ebenso gewährleisten wie hoch spezialisierte Kliniken vorhalten“, fordert Knieps.
Die Chancen für Prävention und Gesundheitsförderung müssen offensiver genutzt werden
Arbeiten wird zeitlich und räumlich unabhängiger, verdichteter und ebenfalls digitaler. Leben und Arbeit verändern sich. Soziale Beziehungen und Kommunikation werden digitaler und vielfach anonymer. Viele kommen damit nicht zurecht, brauchen Hilfe, Rat oder Begleitung.
Strukturelle Reformen stabilisieren Finanzen
Mit Blick auf die seit Jahren wachsenden Ausgaben und zunehmenden Kostendruck innerhalb der Gesetzlichen Krankenversicherung und der Sozialen Pflegeversicherung hält der Verbandsvorstand einen Kassensturz trotz bereits beschlossenem Bundeszuschuss für überfällig. „Brutale Kostendämpfung und populistische Maßnahmen werden wie immer nicht reichen“, ist Knieps sich sicher. Zusätzliche finanzielle Mittel für die gesundheitliche Versorgung dürfen nicht in ineffiziente und qualitativ bedenkliche Strukturen fließen. Sie sollen ausschließlich der gezielten Versorgung der Patienten dienen. Nachhaltige, strukturelle Reformen sind unverzichtbar. Eine gemeinsame Vergütungsordnung sollte gesundheitliche Leistungen unabhängig davon honorieren, ob diese ambulant oder stationär erbracht werden. Sie muss Anreize für die ressourcenschonendste und qualitativ beste sowie sicherste Behandlungsform geben.