Digitale Transformation

Health Insurance Hack&Con

Der HIHC in Leipzig

Gesundheit in der Hosentasche? Die dritte Auflage des „Health Insurance Hack&Con”
sollte im September brauchbare Vorschläge liefern, um den Endverbrauchern im
Gesundheitssystem – also GKV-Versicherten und Patientinnen und Patienten das Leben zu vereinfachen. Die BKK youngtalents waren zu fünft dabei, um den aktuellen Stand von
Digitalisierung und Big Tech im deutschen Gesundheitssystem auszuloten sowie
Lösungen für die Herausforderungen der Krankenkassen zu entwerfen. Einen Hauch
von Hackathon liefert dabei der nachfolgende Bericht.

2 Teilnehmer des Health Insurance Hack&Con

Morgens halb zehn in Deutschland. Mit Aufregung im Bauch beginnt unsere Reise. Ein ungewohntes Gefühl unterwegs zu sein. Der Bahnhof nach wie vor trist und grau. Ein halbvoller Zug, es geht nach Leipzig. Die dritte Auflage des Health Insurance Hack&Con findet statt. Eine Veranstaltung für all jene, die Neues lernen und Veränderungen vorantreiben möchten. Die Vorfreude steigt. Wen trifft man wieder? Wen lernt man kennen? Was erwartet uns?

Einführungsworkshop „How to: Hackathon“

Leipzig kommt in greifbare Nähe. Begrüßt werden wir von Sonnenschein und sommerlichen Temperaturen. Erste Station: Hotel. Kurzes Sortieren, E-Mails checken – ein Hoch auf mobiles Arbeiten – und weiter geht es zu den Design Offices am Augustplatz. Viele vertraute Gesichter verbergen sich hinter den unendlich unterschiedlichen Masken. Man verliert sich in Gesprächen mit den Teilnehmenden. Die Stimmung ist gut. Jetzt erstmal mit den anderen YoungTalents austauschen.

Für alle Neulinge gibt es einen Vorab-Workshop „How to: Hackathon“. Hier werden grundsätzliche Abläufe erklärt, zielführend Arbeitsmethoden vorgestellt und das richtige Zeitmanagement vermittelt. Die Zeit bei einem Hackathon ist nämlich begrenzt, sehr sogar.

Kick-off, Pitch und Revier markieren

Die Zeit verstreicht und die Design Offices füllen sich nach und nach. Überall angeregte Gespräche, lachende Gesichter. Spannung und Neugierde liegen in der Luft. Allmählich setzen sich die einzelnen Gesprächstrauben in Bewegung und finden sich vor der Bühne ein. Die Veranstaltung startet mit einem Kick-off und einer Vorstellung der zwölf Praxis-Fragestellungen der Partnerkassen (u. a. Siemens-Betriebskrankenkasse, Viactiv Krankenkasse). Nach den Pitches folgt nun die schwere Entscheidung. Für welche Herausforderung entscheidet man sich? Wo kann man seine Fähigkeiten lohnend einbringen? Wer hat hervorragend gepitcht und konnte die Teilnehmenden für sich gewinnen?

Im gesamten Raum sind die Fragestellungen verteilt. Sobald die Entscheidung für ein Thema getroffen ist, klebt man seinen Namen auf das gewünschte Plakat. Es hat ein wenig was von „Revier markieren“. Vor dem Wunschthema stehen schon einige Hacker und Hackerinnen. Alle sind neugierig und unglaublich motiviert. Die Gruppen sind vollständig. Wir werden von den Organisatoren in eigene Konferenzräumen verteilt. Das sind also die Arbeitsplätze für die nächsten vierzig Stunden. Die Ausstattung kann sich sehen lassen: Sitzecke, Tische, Whiteboards und Teeküche – hier wurde alles auf Kreativität ausgerichtet. Die Kolleginnen und Kollegen auf Zeit fühlen sich wohl. Der bequemste Platz ist bereits reserviert (Mist!).

Interdisziplinäre Teams werden kreativ

Zu Beginn stellen sich alle vor und teilen mit, warum sie genau an diesem Thema arbeiten wollen. Die Teams sind interdisziplinär aufgestellt. Es gibt Teilnehmende aus Krankenkassen, IT-Fachkräfte oder Personen mit medizinischem Background. Eine bunte Vielfalt an Fachwissen und Expertise sitzt hier zusammen. Die Hoffnung, einen der diesjährigen Preise des Hackathon zu ergattern, keimt auf. Startschuss! Es braucht Organisation, um die extrem knappe Zeit möglichst effizient zu nutzen. Das Whiteboard – welches die ganzen drei Meter des Büros bedeckt – scheint höchst attraktiv für dieses Vorhaben zu sein. Ein Ablaufplan entsteht. Welche einzelnen Schritte sind notwendig? Welches Ziel wollen wir mit welcher Methode erreichen? Selbstmanagement nennt man sowas. Sehr sinnvoll, auch außerhalb eines Hackathons.

Tempus fugit. Nachdem alle Teilnehmenden ihre Komfortzone verlassen und wir unseren Plan erstellt haben, greift dieses lästige Hungergefühl um sich. Endlich essen – auch hier gibt es kein anderes Thema als die bevorstehenden Herausforderungen. Einige Teilnehmende tun es uns gleich, andere Gruppen kehren wiederum zu ihren Workspaces zurück. Sie haben anscheinend den zeitlichen Ernst der Lage erkannt. Apropos Ernst, das Brainstorming steht an. „Mind feel free“ ist die Devise. Jeder Gedanke, sei er noch so abwegig, ist erlaubt. Keine Bewertungen. Kritik oder ein „aber die Aufsicht“ sind Verbotsschilder aus der Zeit der grauen Gedankenträger. Auf einmal erscheinen die riesigen drei Meter Whiteboard zu klein für unsere Ideen. Dank der Vollausstattung der Workspaces kleben wir die Wände zu mit Flipcharts. Unsere eigene Kreativität, ausgelöst durch die späten Abendstunden oder das erste Glas Wein, überrascht und wiegt uns in seelenruhiger Siegesgewissheit. So kann man den ersten Tag beruhigt abschließen.

Weiter geht es an Tag 2

Donnerstag, halb neun. Frühstücksraum im Design Office Leipzig. Muntere, zerknautschte und auch ernste Gesichter sind vorzufinden. Der Vortag verlief offensichtlich bei jedem Teilnehmenden anders. Für die Trauer um fehlenden Schlaf bleibt keine Zeit. Es geht zurück in den Workspace. Während die anderen Teilnehmenden noch die Arbeit von gestern bewundern – ja, das war wirklich gut – schnapp ich mir den bequemsten Platz (Hehe). Das haben wir gestern alles noch gemacht? Erfreulich und beängstigend zugleich. Wir priorisieren unsere Ideen, auch wenn es weh tut. Im Fachjargon könnte man sagen „Kill your Darlings“.  Es hat sich gelohnt, fällt es nun doch viel leichter Handlungsleitfäden abzuleiten und die Praktikabilität zu prüfen. Ideen werden konkreter. Jede und jeder Teilnehmende hat etwas wertvolles beizutragen. Die IT-Spezialisten legen los, um digitale Lösungen zu schaffen, Kundenberaterinnen berichten aus ihrem Alltag und die vom Hackathon bereitgestellten Coaches geben motivierende Anleitungen. Die bisherigen Arbeitsergebnisse geben uns Selbstbewusstsein und wir nutzen die Mittagspause, um zu entschleunigen und an den Türen der anderen Arbeitsgruppen zu klopfen. Die Ausarbeitungen können sich sehen lassen. Es ist faszinierend, wie viel innerhalb von vierzig Stunden bewegt werden kann. Zögerlich verlassen wir die Gemütlichkeit der Mittagspause.

Kurzer Review – was haben wir bisher erreicht und welcher Weg liegt noch vor uns? Der Ablaufplan wird aktualisiert, bestehende Probleme diskutiert. Die Lösung wird mit der Zeit immer kleinteiliger, doch langsam kommen wir ins Stocken. Drehen wir uns im Kreis? Wo war noch gleich die Kreativität geblieben? Wir brauchen frische Luft. Ein kleiner Spaziergang ist genau das richtige, um dem Mittagstief entschlossen entgegenzuwirken. Schnell die Gedanken sortieren und mit neuem Schwung an die inhaltliche und detaillierte Ausarbeitung. Mehrwerte gilt es zu generieren. Das Ziel rückt näher. 

Endspurt – Wir schaffen das!

Gegen Abend steht die finale Idee bei allen Gruppen. Wir sind uns sicher, unsere Lösung ist die Antwort auf die genannte Fragestellung. Allerdings will die Lösung auch präsentiert werden. Irgendwas war da noch mit Publikumspreis. Die IT-Spezialisten kümmern sich um einen Klick-Dummy. Marketing- und Vertriebsspezialisten eruieren, welche Verkaufsstrategie Begeisterung bei der Jury verspricht. Die Ressource Zeit schwindet erbarmungslos. Wer hätte gedacht, dass vierzig Stunden doch so wenig sind? Wir schaffen das! Dank Gliederung und Konzentration auf Teilaufgaben lässt sich ein Pitch mit der favorisierten Lösung sehr gut realisieren. Zufriedenheit breitet sich aus. Das Abendessen darf genussvoll zu sich genommen werden und es bleibt sogar genug Zeit das Abendprogramm des Veranstalters zu begleiten: „Die Nacht des beruflichen Scheiterns“. Drei Personen berichten aus ihrem beruflichen Alltag, über Missgeschicke und Fehler. Das Ziel? Eine gesunde Fehlerkultur zu stärken, fernab von Schande. Fehler als das zu erkennen, was sie sind – eine notwendige Erfahrung für Wachstum und Erfolg. Humor und Selbstreflexion zeichnen die Vorträge aus. Ein Bekenntnis zu seinen Fehlern und deren offene Kommunikation erfordert Mut, viel Mut. Es zeigt uns aber auch, dass man viel aus seinen Fehlern lernen kann. Fehler sind da, um gemacht zu werden, um aus ihnen zu lernen. Diesen Abend lassen wir gemütlich ausklingen.

Zeit für den Feinschliff

Freitag. Neun Uhr. Der letzte Tag. Dank eines US-amerikanischen Unternehmens, das auf Kaffeeprodukte spezialisiert ist, erscheint man hellwach an seinem Arbeitsplatz. Die Deadline steht, denn bis elf Uhr müssen die Präsentationen abgegeben sein. Zeit für den Feinschliff. Ein Teil kümmert sich um die Präsentation, der andere um den Klick-Dummy. Abschlussarbeiten stehen an, gespickt mit reger Diskussion um die ideale Präsentation. Wer präsentiert, war von vornherein klar. Wozu hat man Vertriebler im Team? Der Pitch wird mehrfach geprobt und die Zeit wird gemessen. Maximal drei Minuten plus zwei Minuten Dummy-Präsentation sind vorgegeben. Konstruktive Kritik wird geäußert und die Präsentation finalisiert. Kurz vor elf wird die Datei auf die interne Veranstalter-Plattform hochgeladen.

Der Upload ist abgeschlossen. Zum Glück. Jede Faser des Körpers entspannt sich, bis auf die des Vortragenden. Für fast alle gibt es nun nichts mehr zu erarbeiten, nicht zu überarbeiten, einfach nichts zu tun. Leichtfüßig verlässt man den Workspace und schließt sich wieder mit den anderen Talents zusammen. 

Show time vor der Jury

Elf Uhr – jetzt stehen die Pitches an. Jede Arbeitsgruppe stellt der Jury aus Kassenvertretern ihre Lösung vor. Drei Preise werden ausgelobt. Der größte Kundennutzen, bestes gesundheitsökonomische Prinzip sowie die innovativste Lösung. Alle drei Preise sind mit 1.000 Euro Preisgeld dotiert. Wer jetzt noch keine intrinsische Motivation entwickelt hat, für den ist ein Hackathon dann doch der falsche Ort. Siegesgewiss geht man gedanklich seinen Pitch nochmal durch. Man weiß was man sagen will und hat seinen Koffer mit Argumenten im Kopf. Los geht’s „Show Time“. Nach 5 Minuten ist alles vorbei. Nachdem alle Gruppen ihre Ergebnisse präsentiert haben, sammelt sich die Jury. Zwischenzeitlich gibt es noch einen Publikumspreis. Über 100 Personen stimmen ab und es entwickelt sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Glückliche Gewinner werden anschließend verkündet. Allgemeines Nicken, donnernder Applaus brandet auf. Tränen kullern (fast).

Abschlussmittag mit allen Talents. Die Pitches sind vorbei und waren sehr inspirierend. Mit Humor und Leichtigkeit berichten wir über unsere letzten Tage. Wir sind erleichtert. Ohne Frage waren die letzten Stunden kräftezehrend. Haben wir unser individuelles Ziel erreicht? Wir denken schon. Es ging darum, seine Komfortzone zu verlassen, neue Arbeitsmethoden zu entdecken und in der Gruppe über sich hinauszuwachsen. Mit diesem zufriedenstellenden Wissen lassen wir Leipzig hinter uns. Bis zum nächsten Hackathon, eine Erfahrung, die wir nicht missen möchten.

Lösung: Best Buddy App. Ein Netzwerk zur Unterstützung beim Therapieverlauf der psychischen Erkrankung Ihres Kindes.

Die Best Budy App ist eine Plattform bzw. ein Helfernetzwerk, in der/dem alle Informationen zum Behandlungsverlauf der psychischen Erkrankung des Kindes gesammelt werden. Der Patient entscheidet, welche Personen in dieses Netzwerk mit aufgenommen werden sollen. Die Plattform enthält Einsicht in den Therapieverlauf, einen Wissenspool zu der Erkrankung mit entsprechenden Handlungsempfehlungen für Angehörige, diverse Ansprechpartner und auch einen Kalender mit Aufgaben, die generiert werden können. Der Patient wird somit optimal von allen Schnittstellen unterstützt.

 

Lösung: Frag Clari! Ein Begleitungstool für digitale Anwendungen am Beispiel der ePA.

Es hilft dem Kundenberater bei Fehlern oder Problemstellungen der Kunden mit einer virtuellen Leitfadenanleitung. Der Berater wird Schritt für Schritt durch den angelegten Prozess geführt und am Ende wird die passende Lösung angezeigt. Sollte keine Lösung gefunden werden, leitet das lernende System den Kundenberater vom 1st in das 2nd Level, nämlich zu den Fachexperten der Krankenkasse, weiter. Zusätzlich kann der User über Frag Clari! eine Chatbot Funktion nutzen. Hier werden individuelle Fragen schnell durch die KI beantwortet. Somit kann die Beratungsqualität der Kundenberater erhöht, die jeweiligen Fachabteilungen entlastet und der Kunde bestmöglich zufriedengestellt werden.

Lösung: myBony. Eine personalisierte Bonus App aller GKV Versicherten

Die App lernt den User zunächst durch einfache Patterns und Abfragen kennen und typisert diesen. Hierbei erhält der Nutzer diverse Vorschläge. Es kann also genau definiert werden, welche individuellen Gesundheitsziele dieser erreichen will und auf welchem Weg. Nach der Typisierung werden verschiedene auf den User angepasste Übungen (Bsp. Meditation) oder Challenges (Bsp. TikTok) vorgeschlagen. Schließt man ein Programm erfolgreich ab, wird man mit personalisierten Rewards bzw. Bonis belohnt. Durch die Marktmacht der App können die verschiedensten Partner kostenneutral eingebunden und somit der User Value mit dem Business Value verbunden werden. Eine Werbeplattform für attraktive Partner, welche wiederum das bieten, was in der Lebenswelt der Nutzer ankommt. 

Autor:innen:

Anna Baumgartner, Audi BKK

Tim Geweke, Daimler BKK

Marlina Göcking, BKK Melitta Plus

Susanne Huber, Siemens Betriebskrankenkasse

Markus Wulfern, BKK Melitta Plus