Innovationsfondsprojekt Inno_RD

Viele Rettungsfahrten sind unnötig

Notrufsanitäter können Leben retten - doch in vielen Fällen könnten Patientinnen und Patienten auch ohne Rettungsdienst und Fahrt in eine Klinik adäquat versorgt werden. Zu diesem Schluss kommt ein Forschungsprojekt der Betriebskrankenkassen, des Deutschen Roten Kreuzes und dreier wissenschaftlicher Partner. Sie fordern eine Neustrukturierung der Notfallversorgung rund um den Rettungsdienst.

Das Bild zeigt Rettungssysanitäter und einen Rettungswagen.

Notfallsanitäter sollten mehr Spielraum bei der Behandlung der Patienten vor Ort und bei der Auswahl der adäquaten Anschlussversorgung, etwa in einem Krankenhaus oder einem intergrierten Notfallzentrum. Das ist ein Ergebnis des Forschungsprojekts "Integrierte Notfallversorgung: Rettung im Fokus" (Inno_RD), das der Dachverband der Betriebskrankenkassen (BKK Dachverband) zusammen mit dem Deutschen Roten Kreuz und drei wissenschaftlichen Partnern initiiert hat und heute zum Auftakt der Veranstaltungsreihe BKK INNOVATIV vorstellt. Um unnötige Transporte ins Krankenhaus zu vermeiden, müssten Aus- und Weiterbildung der Rettungssanitäter aus Sicht der Projektpartner entsprechend angepasst werden. Auch sei es notwendig, Rettungskräften künftig Einsicht in elektronische Patientenakten zu gewähren und einen Telenotarzt zu Rate ziehen zu dürfen.
 

Forscher werteten die Daten von Versicherten und Rettungsleitstellen aus

Für das Projekt haben Wissenschaftler der Universität Magdeburg Versichertendaten von zehn Betriebskrankenkassen mit Daten von Leitstellen, Notfallsanitätern und Notärzten aus Baden-Württemberg und Bayern aus dem Jahr 2016 ausgewertet. Die Analyse von mehr als 72.000 Rettungsfahrten ergab unter anderem, dass nur rund die Hälfte der Patienten stationären Behandlungsbedarf hatten. Jeder fünfte Patient benötigte nur ambulante oder gar keine ambulante Versorgung.

   

Aufzeichnung der Innovationsfondsveranstaltung

Zudem befragten die Wissenschaftler Notärzte, Notfallsanitäter und weitere Professionen des Gesundheitswesen zu ihren Erfahrungen mit dem Rettungsdienst und Verbesseungspotenzialen. Daraus leiteten die Projektpartner Handlungsempfehlungen für die Politik ab. Dies sind:

  • der Bedarf einer geregelteren Aus- und Weiterbildung von Leitstellendisponenten
  • Überarbeitung der Ersteinschätzungs- und Disponierungsverfahrens
  • die Aktualisierung des Notarztindikationskatalogs
  • eine bundeseinheitliche Dokumentation in den Leitstellen
  • der Ausbau der digitalen Kommunikationswege zwischen Leitstellen und Einsatzkräften
  • die Gesundheitskompetenz der Bevölkerung zu stärken
  • Alternativen zum Notruf 112 aufzuzeigen
  • den Handlungsspielraum der Sanitäter vor Ort zu erweitern
  • die Einsicht in elektronische Patientenakten für Notfallsanitäter

Die Betriebskrankenkassen fordern eine Neuordnung des Rettungsdienstes

"Im Interesse der Notfallpatientinnen und -patienten gehört die Neuordnung des Rettungsdienstes nach der Bundestagswahl dringend auf die politische Agenda", sagt Anne Klemm, Vertreterin des Vorstandes des BKK Dachverbandes. Defizite sind nicht länger hinnehmbar. Der Rettungsdienst muss künftig vernetzter und in die Krankenversorgung eingebettet werden."

Förderung durch den Innovationsfonds

Konsortialführer von Inno_RD ist das Institut für Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung der Universität Magdeburg. Am Projekt beteiligt sind außerdem die Universitätsklinik für Unfallchirurgie Magdeburg, die Abteilung Medizinische Informatik der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg und der BKK Dachverband e.V.

Das Projekt erhält Fördergelder aus dem Innovationsfonds und soll die Notfallversorgung von Patientinnen und Patienten verbessern. Wissenschaftler haben dafür Versorgungsabläufe des Rettungsdienstes (RD) untersucht und daraus Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitspotenziale sowie Qualifizierungs- und Regelungsbedarfe für einzelne Berufsgruppen abgeleitet, die richtungsweisend für die Gesetzgebung sein sollen.

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