Positionspapier

Kurzbewertung zu aktuellen Vorschlägen der Regierungskommission Krankenhausversorgung

Zweite Stellungnahme und Empfehlung der Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung „Tagesbehandlung im Krankenhaus zur kurzfristigen Entlastung der Krankenhäuser und des Gesundheitswesens“

„Tagesbehandlung im Krankenhaus zur kurzfristigen Entlastung der Krankenhäuser und des Gesundheitswesens“

Die von der Regierungskommission aufgezeigte Ausgangs- und Problemlage ist unstrittig, jedoch größtenteils seit Jahren bekannt. Einzig die stark angespannte Finanzsituation der Krankenhäuser und insbesondere die der Krankenkassen hat aktuell eine besondere Brisanz.

Eine Ambulantisierung ist grundsätzlich die naheliegende Möglichkeit, um die von der Regierungskommission formulierten Ziele zu erreichen:

  • Überlastungssituationen verringern und Personal entlasten,
  • Leistungseinschränkungen vermeiden und Behandlungsqualität gewährleisten sowie
  • Mehrausgaben vermeiden, Einsparungen erreichen.

Die von der Regierungskommission vorgeschlagenen Maßnahmen tragen jedoch nicht zur Stärkung der Ambulantisierung bei – im Gegenteil. Sie unterlaufen jegliche Bemühungen, eine zügige Ambulantisierung im deutschen Gesundheitswesen zu erreichen:

  • Die Einführung von Tagesbehandlungen zu stationären Preisen zementiert den aktuellen Fehlanreiz, ambulant erbringbare Leistungen stationär im Krankenhaus aufgrund der höheren DRG-Vergütung zu erbringen.
  • Der vorgesehene Reformschritt unterläuft den gesetzlichen Auftrag nach § 115b SGB V und die bereits vorangeschrittenen Bemühungen der Selbstverwaltung, den Katalog „Ambulantes Operieren“ auszuweiten und eine Vergütung zu gewährleisten, deren Höhe unabhängig davon ist, ob die Leistung durch einen Vertragsarzt oder ambulant am Krankenhaus erbracht wurde.
  • Tagesbehandlungen im Krankenhaus sorgen dafür, dass Vergütungsanreize und Abrechnungsvoraussetzungen über den Ort der Leistungserbringung entscheiden und nicht medizinische Kriterien. Der Ansatz orientiert sich weder an der Indikationsqualität noch an Qualitätskriterien. Die Entscheidung für eine Tagesbehandlung liegt vollständig im Ermessen des Krankenhausarztes.

Gleichzeitig sind Kurzfristigkeit und Ausgestaltung mit erheblichen organisatorischen und ausgabewirksamen Risiken verbunden:

  • Ein pauschaler Betreuungszuschlag für Notfallpatienten ohne gleichzeitige, grundlegende Reform der Ausgestaltung der Notfallstrukturen führt zu finanziellen Mehrausgaben der Krankenkassen von bis zu vier Milliarden Euro und damit zu einer weiteren Belastung der Beitragszahlenden.
  • Zusätzlich zur lukrativen Vergütung von Tagesbehandlungen kommen weitere Kosten für Krankentransporte und häusliche Krankenpflege in Milliardenhöhe hinzu.
  • Die Schaffung von Abrechnungsvoraussetzungen im elektronischen Datenaustausch braucht einen gewissen zeitlichen Vorlauf, welcher durch die Kurzfristigkeit der geplanten Einführung der Maßnahmen nicht eingehalten werden kann.
  • Der Bürokratieaufwand für das Krankenhauspersonal wird zunehmen, beispielsweise durch den Betreuungszuschlag für die Notaufnahmebehandlung in Form von Staffelung nach Stunden, für welchen eine detaillierte Dokumentation von Behandlungszeiten notwendig sein wird. Ohne Nachweise und Dokumentation würden Krankenkassen Leistungen vergüten, ohne zu wissen, welche und ob die Leistung überhaupt erbracht wurde.

Fazit:

Die von der Regierungskommission vorgeschlagenen Maßnahmen zur Einführung einer Tagesbehandlung im Krankenhaus sind aus Sicht der Betriebskrankenkassen vollständig abzulehnen.

Die Betriebskrankenkassen sehen jedoch Möglichkeiten, einen geordneten Prozess zur Ambulantisierung von Krankenhausleistungen anzustoßen. Hierzu liegen geeignete Vorschläge als konzeptionelle Grundlage vor, die sowohl einen schnellen und pragmatischen Einstieg, als auch eine langfristige Perspektive für Leistungserbringer und Kostenträger beinhalten.

Als Ergebnis des vom Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses geförderten Projekts „Einheitliche, Sektorengleiche Vergütung (ESV)“ wurde hierzu kürzlich ein tragfähiges Konzept präsentiert. Dieses zeigt auf, wie eine einheitliche, sektorengleiche Vergütung ausgestaltet sein kann. Das Konzept wurde entwickelt durch ein Forschungskonsortium, bestehend aus dem Hamburg Center for Health Economics (hche) der Universität Hamburg (Konsortialführung, Prof. Dr. Jonas Schreyögg), der Technischen Universität Berlin (TU Berlin, Prof. Dr. med. Reinhard Busse), dem Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland (Zi), dem Deutschen Krankenhausinstitut (DKI) und dem BKK Dachverband.

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