Positionspapier

Stärkung von Geburtshilfe, Kinderkrankenhäusern und pädiatrischen Abteilungen

Bereits seit einigen Jahren steht die bedarfsgerechte Versorgung von Schwangeren und Müttern sowie von Kindern und Jugendlichen verbunden mit der Frage einer sachgerechten Finanzierung von Geburtshilfe, Kinderkrankenhäusern, pädiatrischen Fachabteilungen und Zentren auf der versorgungspolitischen Agenda. Hintergrund ist unter anderem, dass sich gerade im ländlichen Raum die Versorgungsdichte für diese Versichertengruppe zunehmend schlechter darstellt.

Dabei trägt die fehlende Investitionsfinanzierung der Länder auch im Bereich der Geburtshilfe und der Kinder- und Jugendmedizin dazu bei, dass mit der Leistungsvergütung (DRG-System) nicht nur die Betriebskosten der Krankenhäuser finanziert werden, sondern daraus auch der investive Bedarf gedeckt werden muss. Gleichzeitig hängt die Refinanzierung der Geburtshilfe, der Kinderkliniken und pädiatrischen Abteilungen auch von den Fallzahlen ab. Je geringer die Fallzahlen, desto schwieriger ist es, die Vorhaltung der Strukturen über die Abrechnung dieser Fälle auskömmlich zu refinanzieren. Dies führt insbesondere in ländlichen Regionen mit geringer Bevölkerungsdichte zu einem besonderen Problem.

Rahmenbedingungen für nachhaltige Versorgung

Vor diesem Hintergrund sind die gesundheitspolitischen Rahmenbedingungen so anzupassen, dass eine nachhaltige, flächendeckende Versorgung und gleichzeitig ein hohes Maß an Versorgungsqualität sichergestellt werden. Zur Weiterentwicklung der Versorgungsvergütung und der -strukturen wurden bereits einige Maßnahmen ergriffen. Darüber hinaus gilt es, die folgenden Vorschläge zu diskutieren:

  • dem Fachkräftemangel weiter entgegenwirken
  • Vorgaben zur Verwendung des Zuschlags für bedarfsnotwendige Krankenhäuser im ländlichen Raum (§ 5 Abs. 2a KHEntgG) gesetzlich festschreiben
  • (direkte) Finanzierung von Vorhaltekosten prüfen
  • Gesundheitszentren zur Deckung des Versorgungsbedarfes und zur Refinanzierung von Vorhaltekosten einrichten
  • Versorgung bzw. Versorgungsqualität durch entsprechende Vorgaben und Bildung von Netzwerken sicherstellen
  • Verbindlichkeit des Versorgungsauftrages erhöhen

Fachkräftemangel entgegenwirken

Vorübergehende oder auch endgültige Schließungen von Geburtshilfen und -Kliniken oder Fachabteilungen für Kinder- und Jugendmedizin sind vielfach einem Mangel an Fachärzten geschuldet. Auch bei gesicherter Finanzierung ist es den Kliniken oftmals nicht möglich, freiwerdende Arztstellen adäquat und zeitnah nach zu besetzen.

Die Weiterbildung von Fachärzten für Kinder- und Jugendmedizin gemäß § 75a SGB V entfaltet trotz der seit Jahren steigenden Beträge der abgerufenen Fördermittel keine nennenswerten Effekte. Hier müssen neue Wege und Instrumente gefunden werden, die fachärztliche Ausbildung zu stärken und die Beschäftigung von Ärzten auch im ländlichen Raum attraktiver zu machen.

Vorgaben zur Mittelverwendung gesetzlich festschreiben

Mit Erfüllung der Kriterien des Sicherstellungszuschlages sind nach § 5 Abs. 2a KHEntgG insbesondere die ländlichen Geburtskliniken und die „ländlichen Kinderkrankenhäuser“ bzw. „ländlichen Krankenhäuser mit Kinderfachabteilung“ unabhängig von einem Gesamthausdefizit zuschlagsberechtigt.

Es ist aktuell unklar, ob die Mittel dort ankommen, wo sie für die Versorgung der Schwangeren, Mütter sowie Kinder und Jugendlichen in den Einrichtungen benötigt werden. Die Auszahlung des Zuschlages sollte daher an die Erfüllung weiterer Kriterien geknüpft werden:

  • Sowohl die DRG-Erlöse der Leistungen für Geburtshilfe sowie der Kinder- und Jugendheilkunde, als auch die Finanzierungsvolumina des Zuschlags nach § 5 Abs. 2a KHEntgG für „ländliche Krankenhäuser“ sind vollständig für die Vorhaltung und den Betrieb dieser Strukturen einzusetzen. Die zweckentsprechende Mittelverwendung ist im Rahmen der Budgetverhandlungen durch ein Testat des Wirtschaftsprüfers nachzuweisen. Rückzahlungsverpflichtungen bei nicht zweckentsprechender Mittelverwendung sind vorzusehen
  • Schließt ein Träger eine geburtshilfliche Abteilung, eine Kinderklinik oder eine Abteilung für Kinder- und Jugendmedizin, obwohl die G-BA Kriterien (Sicherstellung) erfüllt sind, müssen Sanktionen (Wegfall des Anspruches auf den Zuschlag nach § 5 Abs. 2a KHEntgG und/oder Rückzahlung aus Vorjahren) vorgesehen werden.

Finanzierung von Vorhaltekosten statt Herauslösung aus dem DRG-System

Die Pädiatrie soll nicht aus dem System der diagnosebezogenen Fallpauschalen herausgenommen werden, wie es von einigen Seiten gefordert wird.  Welche Problematik die Herausnahme einzelner Vergütungsbestandteile aus dem DRG-System nach sich zieht, hat die Ausgliederung der Pflegekosten gezeigt. Abgesehen davon, dass die Vergütung von Pflegeleistungen über das Selbstkostendeckungsprinzip weder nachhaltig noch wirtschaftlich ist, führen Abgrenzungsprobleme zu enormer Doppelfinanzierung und zu Fehlanreizen beim Personaleinsatz zu Lasten der Pflegenden selbst. Das gleiche Szenario droht bei einer Ausgliederung der Pädiatrie.

Stattdessen soll die fallbezogene DRG-Vergütung um eine fallzahlunabhängige Komponente ergänzt werden. Die Finanzierung von Vorhaltekosten stellt eine solche Möglichkeit dar. Versorgungslogisch kann es bei Marktversagen sinnvoll sein, raumplanerisch zu agieren und nach einheitlichen Kriterien festzulegen, an welchen Standorten welche Leistungen in welcher Qualität angeboten werden und diese dann (teil-)unabhängig von der tatsächlichen Nachfrage zu finanzieren.

Wichtig ist, dass vor der Finanzierungsentscheidung bestimmt werden muss, welche Leistungen (Versorgungsauftrag) an welchen Standorten überhaupt erbracht werden sollen. Vorhaltekosten dürfen nicht für einen Leistungsbereich pauschal an allen Standorten finanzieren werden. So würden auch ungeeignete oder u.U. auch nicht benötigte Strukturen zementiert.

Finanzierung von Vorhaltekosten statt Herauslösung aus dem DRG-System

Es ist daher genau zu definieren, für welche Strukturen Vorhaltekosten finanziert werden sollen:

  1. Auswahl der Leistungsbereiche: Es muss klar definiert sein, für welche Leistungsbereiche am Standort Vorhaltekosten finanziert werden und welches Leistungsangebot damit durch das Krankenhaus auch vorgehalten werden muss.
  2. Auswahl der Standorte: Wenn politisch nicht vorgesehen ist, einzelne Standorte „leer ausgehen“ zu lassen, könnte die Gewichtung der Auszahlungen auch über die Bevölkerungszahl im Einzugsgebiet des Krankenhauses erfolgen.
  3. Festlegung der erforderlichen Versorgungsqualität: Da dies über Mindestmengen nicht erreichbar sein wird, sind Strukturanforderungen festzulegen. Die zugehörigen Entscheidungen und Vorgaben sollten auf Bundesebene einheitlich getroffen werden. Dabei sollte dem Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) eine besondere Rolle zukommen.
  • Es könnten Umschichtungsvolumina generiert werden, die im Rahmen der Korrektur der Anteile der Sachkosten in den Bewertungsrelationen zum Abbau vorhandener Übervergütung entstehen.

  • Die Regelungen im § 17b Absatz 1 Satz 6 KHG sind dann dahingehend zu konkretisieren, dass eine Korrektur der Bewertungsrelationen nicht nur anteilig, wie es die aktuellen Regularien der Selbstverwaltung vorsehen, sondern vollständig erfolgt. Gleichzeitig gilt es zu bestimmen, dass eine Umverteilung zugunsten entsprechender Vorhaltekosten erfolgt.

  • Durch entsprechende Korrekturen würden dem Krankenhausbereich keine Mittel entzogen. Alternativ könnte der ermittelte Korrekturbetrag durch das InEK bereinigt werden und die Vorhaltefinanzierung direkt an die anspruchsberechtigten Krankenhäuser ausgeschüttet werden.

Sollte sich der Gesetzgeber dazu entschließen, Vorhaltungen durch zusätzliche Mittel zur bisherigen Krankenhausfinanzierung zu finanzieren, so dürfen dafür keine Mittel der Beitragszahler aufgewendet werden. Hier ist nur eine Finanzierung aus öffentlichen Mitteln, direkt vom Bund an die Krankenhäuser, denkbar.

Das vollständige Positionspapier finden Sie im Download.

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