Stellungnahme

Stellungnahme zu einem Gesetz für eine Energiepreisbremse

Zur Sicherstellung der pflegerischen Versorgung begrüßen die Betriebskrankenkassen das Bereitstellen eines aus Steuermitteln finanzierten Hilfsprogramms zum Ausgleich gestiegener Energiekosten für Pflegeeinrichtungen grundsätzlich, damit eine Belastung von pflegebedürftigen Menschen und der Versichertengemeinschaft vermieden wird. 

Die Umsetzung – insbesondere für den Zeitraum Oktober 2022 (rückwirkend) bis einschließlich April 2024 – dürfte allerdings die Pflegekassen und gleichwohl ihre Landesverbände vor enorme Herausforderungen stellen, da diese hier zur Administration und zur Auszahlung an die Pflegeeinrichtungen verpflichtet werden. Daneben werden aber auch die Pflegeeinrichtungen, welche ggf. bereits gestiegene Energiepreise über § 85 Abs. 7 SGB XI prospektiv in ihrer Vergütungsvereinbarung abgebildet haben, nunmehr in eine Dilemmasituation mit enormen Aufwand versetzt: Mit dem Heizkostenzuschussgesetz wurde normiert, dass es Pflegeleistungserbringern möglich sein soll, zügig Verhandlungen mit den Pflegekassen aufzunehmen, wenn sich die Energiekosten in unvorhergesehenem Ausmaß ändern. Dies ist dann als unvorhersehbare wesentlichen Veränderungen der Annahmen zu definieren, die der Vereinbarung oder Festsetzung der Pflegesätze zugrunde lag. Insofern wurden bereits Pflegesatzvereinbarungen getroffen, die prospektiv die gestiegenen Energiekosten im Pflegesatz und in den Aufwendungen für „Unterkunft und Verpflegung“ berücksichtigen. Dies hat insbesondere zwei Effekte: Diesen Pflegeeinrichtungen entstehen derzeit keine effektive Mehrbelastung durch gestiegene und nicht refinanzierte Energiekosten, womit die Geschäftsgrundlage für eine erneute Vergütungsvereinbarung faktisch entfällt. Die Bewohner dieser stationären Pflegeeinrichtungen tragen derzeit die Mehraufwendungen für gestiegene Energiekosten über höhere Pflegesätze und die Entgelte für „Unterkunft und Verpflegung“ mit. 
Mit der geplanten gesetzlichen Änderung ist nunmehr vorgesehen, dass den Pflegeeinrichtungen die Differenz zwischen den Abschlagszahlungen des Energieversorgers für den Referenzmonat 
(März 2022) und den Monaten Oktober 2022 bis einschließlich April 2024 aus dem beim BAS einzurichtenden Hilfsfonds erstattet wird (bei Neugründungen von Pflegeeinrichtungen soll die Abschlagshöhe beim Neukundenpreis zum 15. Februar 2022 herangezogen werden). Hierbei ist anzunehmen, dass der Entlastungseffekt (in Summe) überschaubar bleibt, während das Verwahren zur Ermittlung der Entlastungsbeträge und deren vertragliche Verankerung 
(Ergänzungsvereinbarung) zwischen den Landesverbänden der Pflegekassen und die Pflegeeinrichtung enorm aufwändig sein wird. 

ÄNDERUNGSVORSCHLAG 
Für eine einfachere und damit bürokratiearme Umsetzung für alle Beteiligten plädieren die Betriebskrankenkassen daher dafür, die Pflegeeinrichtungen, welche bereits die gestiegenen Aufwände für Strom, Gas bzw. Fernwärme in ihren Pflegesätzen vereinbaren konnten, gesetzlich dazu zu verpflichtet, bei Überzahlungen den Entlastungsbetrag an ihre Bewohner anteilig weiterzureichen. Dies auch vor dem Hintergrund, dass es sich in diesem Kontext ausschließlich um ein Vertragsverhältnis zwischen der stationären Pflegeeinrichtung und den Bewohner handelt und die Pflegekassen (resp. deren Landesverbände) nicht tangiert sind.  
Sollte dieser konkrete und bürokratiearme Änderungsvorschlag zur Vermeidung von finanziellen Belastung der Pflegeleistungsempfänger und einer Doppelfinanzierung als verwaltungsarme Lösung nicht umgesetzt werden, möchten wir ergänzend bzw. alternativ zur reibungsloseren Anwendung der vorliegend angedachten gesetzlichen Regelungen auf folgende Punkte hinweisen: 

  • Langwierige Abstimmungsverfahren zur Konsentierung von Richtlinien oder Vereinbarungen zwischen GKV-SV, BAS und BMG sind zu vermeiden. Stattdessen sind konkrete Vorgaben zur Auszahlungssystematik direkt gesetzlich festzusetzen. 
  • Das Ziel der angedachten Regelungen ist es u.a., etwaige Doppelfinanzierungen auszuschließen. Daher ist es zwingend notwendig – insbesondere mit Blick auf das Zusammenspiel von § 82 Abs. 5 SGB XI (n.F.) und die Regelungen n. § 145 SGB XI (n.F.) -konkrete Mitteilungspflichten über öffentliche Zuschüsse für die Pflegeeinrichtungen gesetzlich zu normieren.
  • Zudem sollten konkrete Vorgaben zum Verfahren n. § 154 SGB XI i. V. m. § 82 Abs. 5 SGB XI (n.F.) zu folgenden Ausführungen gesetzlich normiert werden:
  1. Wie Nachweise zu den tatsächlich erhöhten Energiekosten erfolgen sollen und mit welcher Frist; 
  2. Welche Sanktionierung greifen, sofern die Nachweise nicht erbracht werden oder Ergänzungsvereinbarungen n. § 82 Abs. 5 SGB XI 8N.F.) nicht umgesetzt werden. Insbesondere der Verweis auf § 115 Abs. 3 Satz 3 bis 6 SGB XI scheint im Kontext der hier zugrundeliegenden Systematik wenig geeignet und nicht rechtssicher anwendbar zu sein, beschreibt dieser doch explizit das komplexe Procedere, wenn die Pflegeeinrichtung ihre gesetzlichen oder vertraglichen Verpflichtungen, insbesondere ihre Verpflichtungen zu einer qualitätsgerechten Leistungserbringung aus dem Versorgungsvertrag (§ 72), ganz oder teilweise nicht einhält.   
  • Mit Blick auf § 154 Abs. 1 SGB XI (n.F.) und den dort definierten anspruchsberechtigten voll- und teilstationäre Pflegeeinrichtungen sollte eine Klarstellung dahingehend erfolgen, inwieweit stationäre Hospize hier ebenfalls umfasst sind.
  • § 154 Abs. 1 SGB XI (n.F.) erwähnt als zu berücksichtigenden Energieträger „leitungsgebundenes“ Erdgas. Hier wäre ggf. eine klare Definition notwendig, da unklar ist, ob dies auch stationäre Gastanks und deren Befüllung umfasst.
  • § 154 Abs. 3 SGB XI (n.F.) bestimmt, dass der GKV-Spitzenverband Richtlinien zum Zahlungsverfahren zu erstellen hat, welcher u.a. das Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) zu beteiligen hat. Unklar ist, ob hierbei auch das (interne) Erstattungsverfahren zwischen Pflegekassen und BAS zu beschreiben ist. Wenn ja, sollte dies gesetzlich konkret vorgegeben und ggf. eruiert werden, ob dies nicht Gegenstand einer gesonderten Vereinbarung zwischen GKV-SV und BAS sein sollte. Zu beachten wäre hierbei dann insbesondere, dass die Pflegekassen, welche das Zahlungsverfahren an die Pflegeinrichtungen übernehmen, angesichts der bereits abgesenkten Ausgabendeckungsquote des Betriebsmittel-Solls für alle Pflegekassen auch bei Übernahme einer weiteren außerordentlichen Aufgabe zahlungsfähig (liquide) bleiben müssen. 
  • Da die Erstattungen an die Pflegeeinrichtung n. § 154 SGB XI (n.F.) nicht aus dem Ausgleichsfonds n. § 65 SGB XI, sondern aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds bzw. Hilfsfonds des BAS finanziert werden, regen die Betriebskrankenkassen eine Klärung dazu an, ob die Zahlungen n. § 154 SGB XI (n.F.) als Leistungsausgaben der SPV und damit Ausgaben zu definieren sind, welche die Verwaltungskostenerstattung nach § 46 Abs. 3 SGB XI positiv beeinflussen.
  • Im Kontext des Zahlungsverfahrens n. § 154 SGB XI (n.F.) ist das Prüfverfahren – insb. zur Umsetzung der Umsetzung der Ergänzungsvereinbarungen – klar gesetzlich zu definieren und zu normieren. Anzumerken ist hierbei, dass der Hinweis der Gesetzesbegründung, nach welchem „die Pflegekassen dies insbesondere bei der Abrechnungsprüfung im Rahmen der regelhaften Qualitätsprüfung nach § 114 SGB XI prüfen“ könnten ins Leere läuft. Abrechnungsprüfungen im Kontext der Qualitätsprüfungen existieren lediglich im ambulanten Setting (vgl. Grundlagen der Qualitätsprüfungen nach den §§ 114 ff. SGB XI Teil 1a – Ambulante Pflegedienste).

Zudem möchten wir ergänzend darauf verweisen, dass die finanzielle Ausstattung des Hilfsprogramms zum Ausgleich gestiegener Energiekosten für Pflegeeinrichtungen gemäß den notwendigen Bedarfen auszurichten und ggf. nachzujustieren ist. 

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