Der vorliegende Entwurf eines Gesetzes zur Unterstützung und Entlastung in der Pflege (Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz - PUEG) hat die Verbesserung der pflegerischen Situation in Deutschland zum Ziel. Hierbei sollen einerseits die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen in der häuslichen Situation und andererseits die professionellen Pflegefachkräfte mit Blick auf ihre Arbeitsbedingungen profitieren. Damit werden zu Recht drängende Handlungsfelder adressiert. Schließlich findet ein Großteil der Pflege nach wie vor in der Häuslichkeit statt und der pflegerische Fachkräftemangel ist drastisch spürbar. Daher ist keine Zeit mehr zu verlieren, um hier nachhaltige Strukturen bzw. Maßnahmen zu etablieren.
Zeitdruck für dieses Gesetz entsteht ferner durch die Umsetzung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichtes, bis zum 31. Juli 2023 die Berücksichtigung des Erziehungsaufwandes von Eltern verfassungskonform zu gestalten. Entsprechend hoch waren die Erwartungen an und Hoffnungen auf dieses Gesetz. Um es auf den Punkt zu bringen: Sie werden nicht erfüllt. Dieses Gesetz ist nicht der „große Wurf“, der eine nachhaltige Finanzierung oder Leistungsgestaltung der Sozialen Pflegeversicherung (SPV) ermöglicht. Damit werden wichtige und dringend erforderliche Weichenstellungen versäumt und zeitlich weiter verschoben.
Mit Blick auf die Finanzierung bleibt der Gesetzentwurf sogar hinter dem Koalitionsvertrag zurück, der die Refinanzierung von Kosten für pflegefremde Leistungen, wie bspw. Sozialversicherungsbeiträge von Pflegepersonen vorsieht. Auch die pandemiebedingten Kosten bleiben im alleinigen Verantwortungsbereich der SPV. Statt der avisierten Bundeszuschüsse werden nun die Pflegeversicherten mit höheren Versicherungsbeiträgen belastet. Die vorgenommenen, finanziellen Entlastungen wie z.B. beim Pflegegeld und ambulanten Sachleistungen oder bei den Eigenanteilen in Heimen sind der buchstäbliche Tropfen auf dem heißen Stein. Die Pflegeversicherten haben auch zu schultern, dass die Länder nicht Ihren Pflichten bei den Investitionskosten sowie z.B. Personalanwerbungskosten nachkommen. Damit wird – bei allem Verständnis für die aktuellen, krisenbedingten Herausforderungen der Bundesregierung - weiter negiert, dass Pflege eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung ist, die auf breite Schultern zu verteilen und generationengerecht zu gestalten ist.
Vor diesem Hintergrund kann der vorliegende Gesetzentwurf nur als erster Schritt verstanden werden, der weitere, kurzfristig wirkenden Maßnahmen der Finanzierung und Leistungsgestaltung nach sich zieht. Um die darüber hinaus notwendigen mittel- und langfristigen Fragestellungen zu bearbeiten, müssen dringend die Expertinnen und Experten an einen Tisch. Die Hoffnung liegt nun auf den angestrebten politischen Empfehlungen bis Mai 2024.
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Sara Klinkebiel
Referentin Politik
Pflege, Prävention, Heil- und Hilfsmittel, Europa, UPD, Nachhaltigkeit und Klima
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Sara Klinkebiel arbeitet seit November 2020 als Politikreferentin beim BKK Dachverband und ist für politische Fragestellungen zu den Themengebieten Digitalisierung, Prävention, Heil- und Hilfsmittel, Pflege und Europa zuständig. Sara Klinkebiel ist ausgebildete Physiotherapeutin und studierte Public Health in Bremen und Governance and Leadership in European Public Health in Maastricht. Akademische Erfahrungen sammelte Sie in Finnland, England und den Niederlanden sowie in Zusammenarbeit mit dem Institut für Arbeit und Wirtschaft in Bremen und dem Niedersächsischen Sozialministerium.