Hitze, lange Trockenperioden sowie ein Anstieg an psychischen Erkrankungen und Infektionskrankheiten werden die Gesundheitsstrukturen nicht nur immer stärker an ihre Grenzen bringen, sondern zukünftig überfordern. Daher begrüßt der BKK Dachverband den Referentenentwurf des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz zum Bundes-Klimaanpassungsgesetz unter Berücksichtigung der Träger öffentlicher Aufgaben inkl. der Sozialversicherungen. Es ist schließlich jetzt an der Zeit, vorsorgende Anpassungsstrategien mit Maßnahmenplänen im Umgang mit steigenden Extremwetterereignissen koordiniert und kooperativ anzugehen.
1. Um vorsorgend tätig zu werden, ist frühzeitiges Handeln elementar. Die hinterlegten Fristsetzungen für die Bundesregierung, erst bis zum 30.September 2025 eine Klimaanpassungsstrategie vorzulegen, ist sehr spät. Der BKK Dachverband regt deshalb eine deutliche Beschleunigung an (§3).
2. Bei der Aktualisierung der Klimarisikoanalyse (§4) bleibt offen, ab wann diese beginnen soll. Somit regen wir an, eine konkrete Umsetzungsfrist festzuschreiben und diese mit der vorzulegenden Klimaanpassungsstrategie der Bundesregierung zu vereinen und aufeinander abzustimmen. Gleiches gilt für den Monitoringbericht der Bundesregierung (§5).
3. Der BKK Dachverband begrüßt die Klimarisikoanalysen auf Grundlage regionaler Daten sehr, um evidenzbasierte Klimaanpassungskonzepte zu entwickeln und umzusetzen. Dazu ist eine Sichtung und Zusammenlegung der zur Verfügung stehenden Daten(-quellen) noch in diesem Jahr notwendig. In diesem Zusammenhang braucht es zudem zeitnah adäquate Datennutzungskonzepte, um fehlende Daten zu erheben und Daten für individuelle Empfehlungen nutzbar zu machen. Daten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sowie ihren Zugang zur Versichertengemeinschaft sind dabei zu berücksichtigen.
4. Beim Cluster Gesundheit (§3) und den enthaltenen Handlungsfeldern ist die Beteiligung der GKV unabdingbar: Das Gesundheitswesen wird überwiegend von der GKV und ihrer Versichertengemeinschaft getragen mit dem Auftrag, einen verlässlichen Gesundheitsschutz für alle Versicherte zu bieten. Folglich steht die gesetzliche Krankenversicherung für ihre Versichertengemeinschaft in der Verantwortung, die Gesundheitsversorgung ökologisch nachhaltig auszurichten und Anpassungen zu Klimaauswirkungen vorzunehmen. Die GKV ist bei der Festlegung von messbaren Zielen, Indikatoren sowie bei der Auswahl von Maßnahmen zu beteiligen.
5. Beim Cluster Gesundheit sollte die Priorisierung von Gesundheitsförderung und Prävention verankert werden, um eine Klimaanpassung durch zielgerichtete Maßnahmen bei den Bürgerinnen und Bürgern ankommen zu lassen. Insbesondere sind hitzebedingte Gesundheitsbelastungen, Infektionskrankheiten, nicht-übertragbare Krankheiten und psychische Erkrankungenauf Grund des Klimawandels zu verringern und zu nennen. Dabei sind zum einen Gesundheitsförderung und Versorgung stärker miteinander zu verbinden und zum anderen nachhaltige Projekte zur Förderung ökologischen Verhaltens von Versicherten zu fördern. Dabei ist insbesondere die Gesundheitskompetenz aller Bundesbürgerinnen und -bürger durch gezielte Maßnahmen zu stärken: Eine Förderung zur gesundheitsbezogenen Klima- und Umweltkompetenz ist durch den in § 1 SGB V formulierten Beratungsauftrag der Krankenkassen zu erweitern.
6. Verwaltungsprozesse der gesetzlichen Krankenkassen müssen Handlungsspielräume zulassen, die Klimaanpassungen ermöglichen und zudem ökologische Nachhaltigkeit berücksichtigen. Dazu sind Regelungen zu den übertragenen Aufgaben in der GKV im § 30 SGB IV wie folgt anzupassen: Den Versicherungsträgern ist alles erlaubt, was nicht explizit verboten ist. Die Klimaanpassungsstrategie des Bundes ist ferner beim § 12 SGB V Abs. 1 (Wirtschaftlichkeitsgebot) zu berücksichtigen. Um ökologisch nachhaltiges Verwaltungshandeln in den Krankenkassen zu ermöglichen, braucht es eine rechtliche Anpassung des ökonomischen Krankenkassenhandelns. Hierzu ist eine Modifikation des §4 Abs. 4 und §12 Abs. 2 SGB V (Gebot des sparsamen und wirtschaftlichen Handelns) notwendig. Die Verankerung der Begrifflichkeit der ökologischen Nachhaltigkeit in die Sozialgesetzgebung ist daher erforderlich, um Leistungen auch in diesem Sinne zu finanzieren.
7. Der BKK Dachverband weist in diesem Zusammenhang daraufhin, dass Klimaanpassungsmaßnahmen im zeitlichen Nachfeld die Folge des Klimawandels sind. Deshalb sollten Maßnahmen des Klimaschutzes und zur ökologischen Nachhaltigkeit nachdrücklich vorangetrieben werden, um die Folgen des Klimawandels zu begrenzen. Grundsätzlich muss gewährleistet sein, dass gesetzliche Krankenkassen Maßnahmen zur Stärkung der Klimaanapassung und zur Vorbeugung von klimabedingten Gesundheitsrisiken ergreifen können. Neben resilienten Strukturen braucht es ein Gesundheitssystem, das ökologische Nachhaltigkeit integriert, um die Umwelt vor schädlichen Stressoren zu schützen. Dazu sind 1) drastische Reduzierung von CO2-Ausstößen und Schadstoffemissionen im Gesundheitssystem sowie 2) alternative Lösungen zum Ressourcenverbrauch anzugehen und 3) das Personal im Gesundheitswesen mittels Aus- und Weiterbildung auf ökologische Nachhaltigkeit und Klimaanpassung zu qualifizieren.
8. In einem Klimaschutzanpassungsgesetz sollte der Ansatz „Health in all policies“ verankert werden. Schließlich ist Klimaschutz auch Gesundheitsschutz – und dies gilt in diesem Sinne auch umgekehrt. Daher muss auch der Gesundheitsschutz in allen Bereichen und Maßnahmen „mitgedacht“ und fest verankert werden.
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Sara Klinkebiel
Referentin Politik
Pflege, Prävention, Heil- und Hilfsmittel, Europa, UPD, Nachhaltigkeit und Klima
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Sara Klinkebiel arbeitet seit November 2020 als Politikreferentin beim BKK Dachverband und ist für politische Fragestellungen zu den Themengebieten Digitalisierung, Prävention, Heil- und Hilfsmittel, Pflege und Europa zuständig. Sara Klinkebiel ist ausgebildete Physiotherapeutin und studierte Public Health in Bremen und Governance and Leadership in European Public Health in Maastricht. Akademische Erfahrungen sammelte Sie in Finnland, England und den Niederlanden sowie in Zusammenarbeit mit dem Institut für Arbeit und Wirtschaft in Bremen und dem Niedersächsischen Sozialministerium.