Stellungnahme

Stellungnahme des BKK Dachverbandes e.V. vom 6. Oktober 2020 zum Referentenentwurf einer Verordnung zur Festlegung von Pflegepersonaluntergrenzen in pflegesensitiven Bereichen in Krankenhäusern für das Jahr 2021 (Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung - PpUGV)

Die Betriebskrankenkassen bewerten es als positiv, dass die Regelungen zu Pflegepersonaluntergrenzen in den bereits bestehenden pflegesensitiven Bereichen weiterentwickelt und um weitere Bereiche ergänzt werden. So soll etwa der pflegesensitive Bereich der Intensivmedizin um die pädiatrische Intensivmedizin ergänzt werden. Pflegepersonaluntergrenzen (PpUG) werden ab 2021 auch für Innere Medizin, Allgemeine Chirurgie und Pädiatrie gelten. Dies sind richtige und wichtige Schritte zu mehr Patientensicherheit, einer weiter verbesserten Qualität der Versorgung sowie perspektivisch zu einer Entlastung der Pflegekräfte. Dies gilt in besonderem Maße für die Bereiche der Pädiatrie (außer Frauenheilkunde und Geburtshilfe) und der pädiatrischen Intensivmedizin. Vor allem die kleinsten Patienten benötigen viel Zeit und Pflege.

Vor diesem Hintergrund bedauern es die Betriebskrankenkassen sehr, dass erneut keine Eini-gung durch die Selbstverwaltungspartner möglich war. Das Bundesministerium für Gesundheit muss mit der vorliegenden Ablöseverordnung wieder den Weg der Ersatzvornahme gehen. Kritisch bewerten die Betriebskrankenkassen weiterhin den fehlenden Schichtbezug bei der Prüfung, ob die PpUG eingehalten wurde. Hier regen sie eine entsprechende Änderung der vorliegenden Verordnung an.
Die Betriebskrankenkassen fordern im Sinne des Patientenschutzes darüber hinaus, dass mit zunehmender Rückkehr der Krankenhäuser in den Regelbetrieb die PpUG auch für die restlichen bisher ausgewiesenen pflegesensitiven Bereiche wieder gelten sollten, d. h. für die Kardi-ologie, die Unfallchirurgie, die Herzchirurgie, die Neurologie, die Neurologische Schlaganfal-leinheit sowie die Neurologische Frührehabilitation. Diese sind nach wie vor bis zum 31.12.2020 ausgesetzt. Bislang wurden lediglich die PpUG für die Bereiche Intensivmedizin und Geriatrie ab dem 1. August 2020 wieder in Kraft gesetzt.


Die vorliegende Verordnung ergreift aus Sicht der Betriebskrankenkassen zudem sinnvolle Maßnahmen, um reinen Personalverlagerungen vorzubeugen. Die wirksamste Maßnahme wäre es nach Auffassung der Betriebskrankenkassen jedoch, zeitnah für alle Bereiche eines Krankenhauses PpUG vorzusehen.

Änderungsvorschlag:
§ 6 Absatz 5
„Die Krankenhäuser ermitteln die Einhaltung der Pflegepersonaluntergrenzen anhand monatlicher schichtbezogener Durchschnittswerte.“

§ 8 Ausnahmetatbestände
Das BMG sah mit der sich dynamisch ausbreitenden Corona-Pandemie den Ausnahmetatbestand des § 8 der PpUGV a. F. vorliegen, welcher vorsieht, dass in diesem Fall die Pflegepersonaluntergrenzen nicht eingehalten werden müssen. Die Sanktionsmechanismen greifen dann ebenfalls nicht. Mit der ersten Verordnung zur Änderung der Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung vom 25. März 2020 wurden die Regelungen bis einschließlich 31. Dezember 2020 komplett ausgesetzt. Da die Krankenhäuser seit Mitte Mai schrittweise in den Regelbetrieb zurückkehren, wurden die PpUG für die Bereiche Intensivmedizin und Geriatrie ab dem 1. August 2020 wieder in Kraft gesetzt.
Aus Sicht der Betriebskrankenkassen ist dies der richtige Schritt, um eine personelle Unterbe-setzung in der Pflege und die Gefährdung der auf diesen Stationen betreuten besonders vul-nerablen Patientengruppen zu vermeiden. Die Patientensicherheit muss auch in Krisenzeiten stets gewährleistet sein. Mit der weiteren Rückkehr in den Regelbetrieb sollten entsprechend die Vorgaben für den Einsatz einer Mindestanzahl an Pflegekräften auch für die restlichen bis-her ausgewiesenen pflegesensitiven Bereiche wieder gelten, d. h. für die Kardiologie, die Unfallchirurgie, die Herzchirurgie, die Neurologie, die Neurologische Schlaganfalleinheit sowie die Neurologische Frührehabilitation.


Aus Sicht der Betriebskrankenkassen können die Krankenhäuser derzeit nicht nachweisen, dass die Voraussetzungen eines Ausnahmetatbestandes vorliegen, denn die Patientenzahlen waren und sind weiterhin nicht stark erhöht (vgl. § 8 Absatz 2 Satz 2 PpUGV n. F.).
Die kurzfristige Aussetzung der Personaluntergrenzen aufgrund der Corona-Krise, auf welche die Krankenhäuser größtenteils nicht gut vorbereitet waren, ist nachvollziehbar. Trotzdem muss auch in Krisenzeiten ein Mindestmaß an Patientenschutz gewährleistet sein, denn gerade in unklaren und stressigen Situationen für die Pflegekräfte, in welchen Routineabläufe durchbrochen werden, braucht es ein Controlling des Personalbedarfs in Abhängigkeit vom Pflege-aufwand der Patienten, um Patientengefährdung zu vermeiden.


§ 9 Personalverlagerungen
Weiterhin enthalten ist die Unzulässigkeit von Personalverlagerungen aus anderen Bereichen auf bettenführende Stationen in die pflegesensitiven Bereiche der Krankenhäuser. Es ist insofern positiv zu werten, dass die Verordnung in § 9 Absatz 2 zum einen regelt, dass das InEK jährlich festzustellen hat, ob Personalverlagerungen stattfanden. Zum anderen wird in diesem Zusammenhang in § 9 Absatz 3 festgeschrieben, dass im Falle von unzulässigen Personalverlagerungen die Vertragsparteien nach § 11 des Krankenhausentgeltgesetzes Maßnahmen mit dem Krankenhaus vereinbaren. Dies sind sinnvolle Schritte, um Verlagerungen zu vermeiden.


Wissenschaftliche Auswertungen aus dem Jahr 2019 zeigen, dass ein schneller Rückgang von Meldungen über nicht eingehaltene Personalvorgaben kaum ausschließlich auf eine schnell besser werdende pflegerische Versorgungssituation durch deutlich mehr Pflegekräfte zurückzuführen ist. Hier sind wohl vielmehr Personalverlagerungen der Grund. Um Personalverlagerungen per se vorzubeugen, wird es als erforderlich angesehen, zeitnah die gesetzlichen Grundlagen zur Geltung von Pflegepersonaluntergrenzen für alle Bereiche eines Krankenhauses zu schaffen. Dazu ist eine entsprechende Anpassung in § 137i SGB V vorzunehmen.

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