Pressemitteilung

Verträge zur molekularen Krebsdiagnostik für Kinder mit mehreren Krankenkassen abgeschlossen

15.03.2023 – Künftig übernehmen 55 gesetzliche Krankenkassen in Deutschland die Kosten einer umfangreichen molekularen Krebsdiagnostik für krebskranke Kinder mit einem Rückfall oder einer Hochrisikoerkrankung.

Künftig übernehmen 55 gesetzliche Krankenkassen in Deutschland die Kosten einer umfangreichen molekularen Krebsdiagnostik für krebskranke Kinder mit einem Rückfall oder einer Hochrisikoerkrankung. Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) und das Universitätsklinikum Heidelberg (UKHD) haben entsprechende Verträge mit mehreren AOKs und Betriebskrankenkassen abgeschlossen, die jetzt die Kosten für die Entschlüsselung des Tumorgenoms bei ihren Versicherten tragen. Die Analysen sind Teil des Programms INFORM, das vom Hopp-Kindertumorzentrum Heidelberg (KiTZ) koordiniert wird. Bislang wurde die molekulare Krebsdiagnostik für Kinder und Jugendliche allein durch Projektförderung und private Spenden ermöglicht.

Das "Hopp-Kindertumorzentrum Heidelberg“ (KiTZ) ist eine gemeinsame Einrichtung des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ), des Universitätsklinikums Heidelberg (UKHD) und der Universität Heidelberg (Uni HD).

„Durch die neuen Versorgungsverträge und die Kostenübernahme können krebskranke Kinder in Deutschland, die einen Rückfall erleiden, eine Krebsdiagnostik nach dem neuesten Stand der Technik erhalten“, freut sich Olaf Witt, Direktor am Hopp-Kindertumorzentrum Heidelberg (KiTZ), Leiter der Klinischen Kooperationseinheit pädiatrische Onkologie am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) und leitender Oberarzt am Universitätsklinikum Heidelberg (UKHD).

Krebskranke Kinder und Jugendliche mit einem Rückfall sind besonders gefährdet. Die Krebszellen sind dann oft schon resistent gegenüber den üblichen Standardbehandlungen wie Chemo- und Strahlentherapie und die Chancen auf eine Heilung stehen schlecht. Dies betrifft etwa 20 Prozent aller an Krebs erkrankten Kinder und Jugendlichen in Deutschland. Helfen könnten moderne Behandlungsmethoden wie Immuntherapien und zielgerichtete Therapien, die ganz bestimmte molekulare und genetische Schwachstellen der Krebszellen angreifen. „Doch um abschätzen zu können, welche der spezifischen Therapeutika möglicherweise anschlagen, ist eine umfangreiche molekulargenetische Diagnostik und Beratung notwendig, die bislang nicht zur Regelversorgung gehört“, erklärt David Jones, Koordinator von INFORM und Forschungsgruppenleiter am KiTZ und DKFZ.

Insgesamt 55 gesetzliche Krankenkassen, die auf der Website des DKFZ gelistet sind, übernehmen jetzt die Kosten für die molekularen Tumoranalysen der Registerstudie INFORM (INdividualized Therapy FOr Relapsed Malignancies in Childhood), in die krebskranke Kinder bei einem Rückfall oder mit einer Hochrisikoerkrankung eingeschlossen werden können.

„In dieser Situation geht es um Qualität und Schnelligkeit, die bei den INFORM-Analysen durch die Verbindung von hervorragender wissenschaftlicher Expertise und langjähriger Erfahrung in der komplexen Analytik gewährleistet werden“, sagt Dr. Carola Reimann, Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes. „Die Schnelligkeit ist besonders wichtig, weil Tumore bei Kindern oft schneller wachsen und aggressiver sind als bei Erwachsenen“, betont Reimann.

„Durch das INFORM-Genomsequenzierungsprogramm für Kinder mit Krebs ist es möglich, molekulare Angriffsziele zu identifizieren, durch die sich neue individuell zugeschnittene Behandlungsmöglichkeiten eröffnen. Ziel ist es, die Überlebenschancen der jungen Patientinnen und Patienten zu verbessern“, erklärt Franz Knieps, Vorstandsvorsitzender des BKK Dachverbandes. „Wir haben den Versorgungsvertrag mit verhandelt, um den betroffenen Kindern und ihren Eltern die beste verfügbare Diagnostik und Therapieempfehlung zugänglich zu machen“, betont Franz Knieps.

INFORM ist ein in Europa bislang einzigartiges Programm, des DKFZ und des UKHD, das am KiTZ seit dem Jahr 2015 molekulargenetische Krebsanalysen für Kinder und Jugendliche ermöglicht. Finanziert wurden die Analysen bislang durch Drittmittel, private Spenden und zeitweise auch durch Projektförderung des Bundeministeriums für Bildung und Forschung (BMBF). Ärztinnen und Ärzte können die Tumorproben ihrer Patientinnen und Patienten nach Heidelberg schicken. Dort wird das Tumorgenom entschlüsselt und nach therapeutischen Angriffsstellen durchsucht.

Neben den molekularen Tumoranalysen werden in INFORM zusätzliche Analyseverfahren entwickelt, wie beispielsweise Laborversuche, die dabei helfen, ein wirksames Medikament zu identifizieren. Gewebeproben der jungen Patienten wachsen im Labor zu Minitumoren heran. An diesen Minitumoren werden dann etwa 80 Medikamente getestet, die klinisch verfügbar sind und daher unmittelbar zur Behandlung eingesetzt werden können. Insgesamt vier Wochen dauert es, bis alle INFORM-Daten für eine mögliche Therapieempfehlung vorliegen und durch ein interdisziplinäres Tumorboard mit Expertinnen und Experten aus der Kinderonkologie, Humangenetik, Bioinformatik, Molekularbiologie, (Neuro-)Pathologie und für klinischen Studien bewertet werden. Auch der behandelnde Arzt nimmt daran teil, um den betroffenen Familien anschließend eine Empfehlung geben zu können. In einigen Fällen führen die INFORM-Ergebnisse u.a. auch zu einer Korrektur der Diagnose oder identifizieren erbliche Formen einer Krebserkrankung, die mit einem familiären Risiko einhergehen. Die Empfehlung kann beispielsweise die Teilnahme des Patienten an einer klinischen Studie sein. Wenn das nicht möglich ist, können auf Basis der Ergebnisse auch Einzelheilversuche als Behandlung in Frage kommen.

Im INFORM-Konsortium haben sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von KiTZ, DKFZ und UKHD mit der Studiengruppen der Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie (GPOH) zusammengeschlossen und arbeiten eng mit den kinderonkologischen Zentren in Deutschland zusammen. Seit dem Jahr 2015 wurden mehr als 2.500 krebskranke Kinder und Jugendliche von 100 Zentren aus 13 Ländern in das INFORM Programm aufgenommen. „Eine Weiterführung der INFORM-Leistungen wäre in dieser Form ohne die Kostenübernahme der beteiligten Krankenkassen nicht möglich gewesen“, sagt Witt. „Wir hoffen, dass sich weitere Kassen anschließen und ihren Versicherten ebenfalls die INFORM-Leistungen ermöglichen werden.“

Für die Entwicklung weiterer Diagnostikarme, wie beispielsweise der Medikamententestung, und den Ausbau länderübergreifender Strukturen für krebskranke Kinder aus anderen Ländern, wird das Projekt auch weiterhin auf Spenden angewiesen sein. „Wir bedanken uns daher auch ganz herzlich bei allen Förderern von INFORM, die es überhaupt ermöglicht haben, dieses einzigartige Programm ins Leben zu rufen, so dass es nun ein Teil der Regelversorgung wird.“

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Andrea Röder
Referentin Strategische Unternehmenspolitik Verbandsarbeit, Gremien, Netzwerkbüro

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