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BKK Magazin 2/2024

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Coverbild BKK Magazin Ausgabe 02/2024
Franz Knieps
Franz Knieps – Vorstand des BKK Dachverbandes

Editorial

Es hätte kaum noch schlimmer kommen können. Der Mitte März in die Öffentlichkeit gelangte Referentenentwurf zur Krankenhausreform macht weitgehende Zugeständnisse an die Länder und bleibt dem abwegigen finanzpolitischen Gedankengebäude treu, das bereits Hermann Gröhe und Jens Spahn errichtet hatten und das Karl Lauterbach in einer Protokollnotiz zum Transparenzregister-Gesetz offenbart hatte – dass nämlich versprochenes Geld vom Bund immer das Geld der Beitragszahler ist.

Den größten Teil der Kosten der Krankenhausreform will Karl Lauterbach jetzt Arbeitgebern und Versicherten aufbürden: Er will Krankenkassen für kurzfristige Finanzhilfen für die Krankenhäuser in die Pflicht nehmen mit jährlich hunderten Millionen Euro. Vollständige Refinanzierung der Tarifkosten, eine neue Systematik der Berechnung der Landesbasisfallwerte, höhere Zuschläge für sogenannt bedarfsnotwendige Krankenhäuser im ländlichen Raum. Absehbar ist, dass die Einführung zahlreicher Extravergütungselemente und einer Vorhaltefinanzierung nicht ausgabenneutral bleiben. Unklar bleibt, ob damit nicht weiterhin überholte Strukturen der Krankenhauslandschaft künstlich am Leben gehalten werden.

Schon ab 2026 sollen 25 Milliarden für den Transformationsfonds aus der Reserve des Gesundheitsfonds kommen. Auf zehn Jahre gestreckt sollen also ausschließlich GKV-Beiträge, nicht die privaten Kassen, herangezogen werden. In gleicher Höhe sollen die Länder belastet werden. 2,5 Milliarden GKV Beiträge wurden allein im Jahr 2023 im Rahmen des gesetzlich verordneten Vermögensabbaus entnommen. Das Geld ist weg. Von den 10 bis 11 Milliarden – im Koalitionsvertrag vereinbart als Ausgleich für das GKV-Defizit, das bei Empfängern von Bürgergeld entsteht – ist unter dem Regime der Schuldenbremse gar nicht mehr die Rede. Echtes Geld vom Bund – also aus dem Topf des Finanzministers – will niemand im Deutschen Bundestag in diese Lücke werfen.

Bei der Aufgabe der verschleppten Neugliederung der ambulanten ebenso wie der stationären Versorgungslandschaft will Lauterbach sich einfach aus der Affäre ziehen mit dem Griff in die Kassen der Versicherten und Arbeitgeber. Weder in Meseberg noch zu anderen Gelegenheiten vor dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Schuldenbremse hat der Bundesgesundheitsminister mit dem Finanzminister um die Finanzierung seiner Krankenhausreform gerungen.

Der Bund will den wesentlichen Standortfaktor einer Industriegesellschaft, nämlich: gerechter Zugang zu moderner Medizin und gesundheitlicher Versorgung und Prävention, nicht aus Steuermitteln finanzieren und stattdessen die Gesetzliche Krankenversicherung als zweite Säule des sozialen Friedens umstürzen. Zweckentfremdung von Beitragsmitteln zur Finanzierung originärer Staatsaufgaben macht Beitragszahler zu Opfern eines vermutlich verfassungswidrigen Manövers, das, wenn nicht politische Vernunft, dann eben Gerichte stoppen müssen. Sozialkassen sollen, gemäß einer jahrzehntelang betriebenen und von den Ländern verfassungsrechtlich beschworenen Arbeitsteilung, Betriebskosten finanzieren, nicht die Defizite überholter Strukturen und die Kosten von Infrastrukturreformen ausgleichen.

Es ist an der Zeit, dass sich Politik ehrlich macht. Dieser Plan zur Krankenhausreform wird Lauterbach nicht über die Bundestagswahl im nächsten Jahr retten. Die Betriebskrankenkassen fordern jetzt eine gründliche Überprüfung der vorgeschlagenen Finanzierung der Reform im Parlament. Wer mit einer Krankenhausreform nachhaltige Qualität und sozial gerechte Verfügbarkeit der Krankenhausversorgung langfristig erhalten und verbessern will, muss die nachhaltige GKV-Finanzierung absichern. Darauf müssen sich Mitglieder und Arbeitgeber verlassen können. Notfalls müssen – wie schon bei der Zweckentfremdung der Beitragsfinanzierung für die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung – Gerichte diese Winkelzüge stoppen.

Ihr Franz Knieps

Lesen Sie den Leitartikel von Stefan Lummer: Einfach machen, es geht! – Innovationsforum KI im Gesundheitswesen

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